Clement steigt in den Ring in NRW

■ SPD-Wirtschaftsminister wehrt sich gegen Wechselgerüchte nach Bonn. Kandidatur für Rau-Nachfolge angekündigt. Sozis in NRW alle wieder loyal

Düsseldorf (taz) – Vor der SPD- Landtagsfraktion redete der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) gestern Klartext. Genervt von einer neuerlichen Intrige aus Bonn, bekannte sich der sozialdemokratische Spitzenpolitiker erstmals offen dazu, sich im Falle des Rücktritts von Ministerpräsident Johannes Rau um dessen Nachfolge bemühen zu wollen. Die Abgeordneten der SPD-Landtagsfraktion quittierten die Ankündigung mit langem Beifall.

Der letzte Auslöser für das Bekenntnis war offenbar ein Artikel in der Welt vom Dienstag, in dem – unter Berufung auf Bonner SPD- Kreise – behauptet wurde, Lafontaine wolle Clement in eine Art Schattenkabinett berufen. Im Lager der Clement-Freunde wertet man dies als gezielten Versuch, Clement hinter dessen Rücken als Wanderer in Richtung Bonn darzustellen – ohne Ambitionen in NRW. Diesem Gerücht wollte er gestern jegliche Nahrung nehmen: „Meine Aufgabe habe ich in Nordrhein-Westfalen, und sie wird auch künftig in Nordrhein-Westfalen liegen.“ Mit Blick auf die in vielen Artikeln kolportierte Botschaft seiner parteiinternen Gegner, er wolle Rot-Grün in Düsseldorf scheitern lassen, sagte der einst als „Architekt“ dieser Koalition gefeierte Wirtschaftsminister: „Ich will nicht die Koalition scheitern lassen, sondern alles dafür tun, daß wir in NRW ohne Zeitverzug nach vorn kommen.“ Deshalb sei er auch in Zukunft entschlossen, im Verhältnis zu den Grünen bei den strittigen Verkehrs- und Energieprojekten „klare Positionen“ zu beziehen.

Als Quelle des Welt-Artikels wird in Düsseldorf SPD-Bundesgeschäftsführer Franz Müntefering vermutet, der selbst als möglicher Interessent für die Rau-Nachfolge gilt. Öffentlich dementiert Müntefering, der zugleich Landtagsabgeordneter in Düsseldorf und Vorsitzender des größten SPD-Bezirks Westliches-Westfalen ist, zwar solche Ambitionen, aber viele Sozis haben daran so ihre Zweifel. Im SPD-Bezirksvorstand wurde zuletzt aufmerksam registriert, daß der Bonner Parteimanager überhaupt keine Aktivitäten entfaltet, sich um ein Bundestagsmandat zu bewerben. Mit Blick auf die Rau-Nachfolge macht diese Enthaltsamkeit durchaus Sinn. Denn wollte Müntefering während der bis zum Jahr 2000 dauernden Legislaturperiode Rau beerben, müßte er Mitglied des Landtags sein. Zwei Mandate zugleich sind nicht möglich.

Nach der Sitzung der SPD- Fraktion wirkte Clement gestern richtig entspannt. In der Fraktion habe er „unmißverständliche Unterstützung“ erhalten, freute sich der 56jährige. Es sei „ausgeräumt worden, was ausgeräumt werden mußte“. Sein Fazit nach dem Ärgernis in der Welt: „Ein Tag der Freude“. Walter Jakobs