Der Täter kam aus der Nachbarschaft

■ Der Anschlag auf die Lübecker Vicelin-Kirche ist aufgeklärt / Brandstiftung in Husum

Der Brandanschlag auf die Lübecker Vicelin-Kirche in der Nacht zum 25. Mai ist offenbar aufgeklärt. Am späten Freitag nachmittag gestand der Lübecker Gärtnerlehrling Christian P. (19) der Staatsanwaltschaft, er habe in dem an die Kirche angrenzenden Schuppen Camping-Gasflaschen mit einem Schuß aus seiner Signalpistole in Brand gesetzt. Von da aus griff das Feuer auf die Kirche über.

Die zuständige Jugendrichterin erließ noch am Freitag Haftbefehl gegen den mutmaßlichen Brandstifter. Er wurde in die Justizvollzugsanstalt Neumünster gebracht. Freigelassen hingegen wurden zwei 15 und 17 Jahre alte Tatbeteiligte, die an die Kirchenwand fünf Hakenkreuze und den Namen des Lübecker Pastors Harig geschmiert hatten, der einer algerischen Familie Kirchenasyl gewährt.

Noch in der Tatnacht waren die drei und zwei weitere Jugendliche der Polizei in der Nähe der Kirche aufgefallen. Beim Verhör räumten ein 13jähriger und ein 14jähriger ein, in der Nacht mehrere Eigentumsdelikte, darunter einen Garagenaufbruch, begangen zu haben. Obwohl die Vernehmung keine Hinweise auf eine Verbindung zum Brandanschlag erbrachte, wurden die Jugendlichen anschließend observiert. In der vorigen Woche ließ die Staatsanwaltschaft dann die Zimmer der bei ihren Eltern wohnenden Verdächtigen durchsuchen.

Wegen der sich daraus ergebenden Hinweise wurden die Verdächtigen seit Donnerstag intensiv verhört. Der 15jährige Bruder des Hauptverdächtigen fand als erster keinen Ausweg mehr aus den Widersprüchen, in die er sich bei seiner Aussage verwickelt hatte: Er gestand die Hakenkreuzschmierereien und beschuldigte seinen Bruder, den Geräteschuppen in Brand gesetzt zu haben.

Nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sind die Jugendlichen, von denen mindestens zwei aufgrund ihres Erscheinungsbildes als Skinheads eingestuft werden, bislang in der rechtsradikalen Szene nicht in Erscheinung getreten. Als Motiv vermutet die Polizei „eine unreflektierte, dumpfe Ideologie und das Übernehmen von Parolen“wie „Ausländer raus“.

Die weitere Untersuchung soll klären, ob die Jugendlichen Anfang dieses Jahres auch das Haus des Lübecker Bischofs Karl-Ludwig Kohlwage mit Hakenkreuzen beschmiert und sein Gartenhaus angezündet haben.

Überschattet wurde der Ermittlungserfolg von einem weiteren Brandanschlag. Unbekannte zündeten in der Nacht zum Sonntag in der evangelischen Christus-Kirche in Husum den Altar an. Möglicherweise stehe der Vorfall im Zusammenhang mit der Festnahme des mutmaßlichen Brandstifters der Vicelin-Kirche, sagte Polizeisprecher Michael Hoffmann.

Marco Carini

Ein weiterer Bericht auf S.2