Zwischenbericht vom Hamburger Kurzfilm-Festival

Manchmal bestehen sie aus nichts anderem als einer überraschenden Wendung. Dann sind sie am langweiligsten, die Kurzfilme, die noch bis zum morgigen Sonntag beim 11. internationalen Kurzfilm- und No-Budget-Festival im Metropolis, der Markthalle, dem 3001-Kino sowie im Fama gezeigt werden. Ein skurriler Einfall, eine hübsche, womöglich gar lustige Idee, das war's. Kurz gesehen, kurz geschmunzelt, schnell vergessen, schon beginnt der Vorspann für den nächsten Streifen.

Andere Kurzfilme bestehen aus gar keiner identifizierbaren Idee. Sie zeigen angerissene Geschichten, die sich nicht zu einer Handlung (denn dafür haben sie nicht die Zeit), vielleicht aber zu einer Atmosphäre verdichten. Sind diese Filme gut, ärgert man sich oft, weil man sich die Geschichten zu Ende erzählt wünscht und länger in der Atmosphäre verweilen möchte.

Und dann gibt es die Highlights, die beglückenden Überraschungen, die Perlen, von denen auch dieses Festival einige bietet. Das sind die Filme, die die Freiheit des knappen Budgets, die Entlastung davon, einen Kinoabend allein tragen zu müssen, zu etwas ganz Eigenem nutzen.

So wie Auf der Suche nach einem Unbekannten von Hans Joachim Hofmann, der im dritten Programm des Internationalen Wettbewerbs läuft und es aushält, auch als einziger Film aus dem Angebot der 250 Filme, die das Festival bietet, herausgehoben zu werden. Irgendwo zwischen vollkommen spinnert und überaus mitreißend entwickelt er seine eigensinnige Bildersprache. Ach, Augenblick, mögest du nie vorüberziehen!

So hat denn das Sehen der Festivalprogramme etwas von einer Jagd – man lauert den lohnenden Zielen in der Herde der pro Programm gezeigten sechs bis acht Filme auf – und zugleich etwas von der Tätigkeit des Sammelns – man pflückt sich aus der Vielfalt des Angebots seinen Strauß der Favoriten. Wie es aussieht, scheint eine ganze Anzahl von Hamburgern vom Jagdfieber erfaßt. Am Donnerstag waren zumindest alle drei Programme im 3001 restlos ausverkauft, und der Geschäftsführer der veranstaltenden KurzFilmAgentur, Markus Schaefer, zeigte sich zufrieden: „Sogar das Wetter spielt mit. Es ist kalt genug, um die Leute ins Kino streben zu lassen.“

Allerdings kann auch die verwegenste Jagd so manche Durststrecke bieten, und so ist es wohl leider bei den Fresh Hamburg Shorts, dem Programm, bei dem die hier in Hamburg produzierten Streifen laufen. Zumindest die in der ersten Staffel des Programms gezeigten Filme fallen gegenüber denen des Internationalen Wettbewerbs stark ab (die zweite Staffel hatten wir bei Redaktionsschluß noch nicht gesehen).

Zimmer 22 von Martin Hansen etwa fängt wirklich stark an. Eine emotional aufgeladene Situation zwischen einem Mann und einer Frau, intensiv und doch nicht vordergründig erzählt, das kann nicht jeder. Doch dann gewinnt das Spielkind im Regisseur die Oberhand – und die Geschichte geht unter. Diese Idee mußte noch rein und die nächste auch noch, alles hübsch gebastelt, doch leider nicht mehr als eine Fingerübung beim Filmtricksen. Über Manuel Merte verlieren wir kein Wort, entweder findet man das gewollt Schlechte lustig oder eben – schlecht. Transfer von Lutz Homann kommt reichlich bedeutungsschwanger daher, und der handwerklich beste Kurzfilm ist eigentlich gar kein Kurzfilm, sondern ein Video: die Goldenen Zitronen mit „Das bißchen Totschlag“.

Dirk Knipphals