Ohne Rücksicht auf Imageverluste

■ Südostasiatischer Zusammenschluß Asean nimmt Birma auf und kümmert sich nicht um internationalen Protest. Angeblich soll das Land dem Einflußbereich Chinas entzogen werden

Kuala Lumpur (dpa) – Es ist nicht das erste Mal, daß Kritik aus dem Westen die Länder Südostasiens zu einer Trotzreaktion verleitet: Jetzt erst recht. Mit der Entscheidung, das wegen massiver Menschenrechtsverletzungen international geächtete Birma in die Asean-Staatengruppe aufzunehmen, setzen die um ihre Wirtschaftserfolge oft beneideten „Tigerstaaten“ ohne Rücksicht auf Imageverluste ihre eigenen Interessen durch. Notfalls müssen darunter auch die Beziehungen zu den USA und zur EU leiden.

Der Beschluß von Kuala Lumpur, das Militärregime in Rangun zusammen mit dem am Rande des Bürgerkriegs stehenden Kambodscha und dem verarmten Laos schon Ende Juli in den Asean-Club aufzunehmen, ist auch in der Region keinesfalls unumstritten: „Schande für Asean“ titelte etwa am Sonntag die in Bangkok erscheinende Tageszeitung Nation. Die Länder Südostasiens machten sich so mit den Unterdrückern in Rangun gemein.

Ein Diplomat in Kuala Lumpur sah es so: „Mit dem Beschluß wahren wir unser Gesicht.“ Da mag die EU Sanktionen verhängen, US- Präsident Bill Clinton einen Investitionsstopp durchsetzen, da kann amnesty international noch so viele Appelle veröffentlichen und die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi immer wieder zur Ächtung des Regimes aufrufen: „Wir lassen uns in unsere Entscheidungen nicht hineinreden“, heißt die Reaktion.

Bei näherem Hinsehen wird klar, daß die Asean-Länder Singapur, Malaysia, Thailand, die Philippinen, Indonesien, Brunei und Vietnam genau wissen, was sie tun. Nicht nur wird mit der Erweiterung der Traum der Asean-Gründerväter von 1967 wahr, daß der als antikommunistisches Bollwerk ins Leben gerufene Staatenbund alle zehn Länder Südostasiens umfassen soll. Es geht nicht nur um wirtschaftlichen Eigennutz, etwa die Erdgaslieferungen nach Thailand und Malaysia, sondern auch um strategische Interessen. Das Schlüsselwort heißt China.

Die Volksrepublik hat ihre militärischen und ökonomischen Verbindungen mit dem südlichen Nachbarn in den letzten Jahren ebenso still wie konsequent ausgebaut. Straßen und Bahnverbindungen wurden in Schuß gebracht, mit chinesischem Geld wird Birmas Marine modernisiert. Birma ist Chinas Zugang zum Indischen Ozean. Bei allen diplomatischen Höflichkeiten fürchten Militärs in Südostasien aber nichts mehr als Pekings Hegemonie in der Region. „Dies ist der direkte Versuch, Birma aus Chinas Einflußsphäre wegzuziehen“, schreibt die Jakarta Post zur Asean-Entscheidung. Thomas Lanig/dpa