Schießereien im besetzten Ost-Timor

■ Unabhängigkeitskämpfer hatten Widerstand gegen von Indonesien verordnete Parlamentswahlen angekündigt

Bangkok (taz) – Unter großem Polizeiaufgebot hat Indonesien gestern ein neues Parlament gewählt. Allein in der Hauptstadt Jakarta sollten 25.000 Männer und Frauen Krawalle bereits im Keim ersticken. In Ost-Timor gelang dies allerdings nicht. Bei Schießereien zwischen Polizei und Unabhängigkeitskämpfern starben nach offiziellen Angaben am Vorabend mindestens dreizehn Menschen. Die Rebellen sollen bei Angriffen auf eine Polizeistation und auf Wahllokale sieben Personen erschossen haben. Unabhängige Bestätigungen dafür gab es nicht.

Die osttimoresische Befreiungsbewegung Fretilin lehnt die Wahlen ab, weil die Region nicht zu Indonesien gehöre. Jakarta hat die ehemalige portugiesische Kolonie 1975 besetzt und ein Jahr später annektiert. Die Auseinandersetzungen kommen überraschend, da die Rebellen in den letzten Monaten stark geschwächt schienen. Ihre Zahl wird nur noch auf zweihundert Kämpfer geschätzt. Ihr Anführer Xanana Gusmao sitzt im Gefängnis.

Ost-Timoresen klagten in den letzten Monaten über verschärfte Repressionen durch die indonesischen Armee. Es habe „noch nie so viele Verhaftungen gegeben“, wie seit Anfang des Jahres, erklärte jüngst der Bischof von Dili und Friedensnobelpreisträger Ximenes Felipe Belo.

Die Wahlbeteiligung in Indonesien war nach ersten Berichten hoch. Beamte sorgten in den Wohnvierteln dafür, daß die BewohnerInnen die 300.000 Wahllokale aufsuchten. Mit dem Ergebnis wird erst in der nächsten Woche gerechnet. Der Sieg der regierungstreuen Golkar-Bewegung ist sicher – staatliche Angestellte und Beamte sind verpflichtet, sie zu wählen. Viele Leute wagen es nicht, für eine der beiden kleineren Parteien zu stimmen. Präsident Suharto rief die BürgerInnen zu mehr „Geduld“ auf: „Demokratie braucht Zeit.“ Jutta Lietsch