Das große Geld für die Hauptstadt

■ Zur zweitgrößten Bank der Bundesrepublik wollen die Bankgesellschaft Berlin und die Norddeutsche Landesbank fusionieren. Einfluß des Landes nimmt ab. Bündnisgrüne Finanzexpertin: Gute Sache

Die zweitgrößte Bank der Bundesrepublik wird bald eine ihrer beiden Zentralen an der Spree haben. Gestern gaben die Bankgesellschaft Berlin und die Norddeutsche Landesbank in Hannover bekannt, Vertragsverhandlungen über die Fusion der beiden Institute aufnehmen zu wollen.

Dieser neue Bankkonzern, der zweitgrößte nach der Deutschen Bank, hätte dann eine Bilanzsumme von etwa 560 Milliarden Mark und etwa 24.000 MitarbeiterInnen. Die Fusion sei notwendig, um einen Konzern zu bilden, „der in seiner Größe und Flexibilität den Anforderungen der Zukunft gerecht wird und eine maßgebliche Führungsfunktion in seinen Kernregionen behaupten kann“, heißt es in einer Stellungnahme beider Geldhäuser.

Bisher gehört die Bankgesellschaft Berlin zu 56,8 Prozent dem Land, die Nordeutsche Landesbank mehrheitlich den Ländern Niedersachsen und Mecklenburg- Vorpommern. Der zukünftige Großkonzern soll weiterhin vorwiegend in öffentlicher Hand bleiben. Nur rund 40 Prozent der Aktien will Wolfgang Rupf, Vorstand der Bankgesellschaft, an private Aktienbesitzer vergeben. Stellungnahmen des Senats standen gestern noch aus. Die öffentlichen Mehrheitsaktionäre wollen in den kommenden Wochen darüber verhandeln, wie sie ihre Beteiligungen verteilen. In jedem Fall jedoch wird sich der Einfluß des Landes Berlin in dem neuen Konzern im Vergleich zur Bankgesellschaft erheblich reduzieren.

Möglicherweise wird das Land Berlin Aktien im Wert von mehreren hundert Millionen Mark an die anderen Länder verkaufen und damit das Haushaltsloch verringern. Michaele Schreyer von Bündnis 90/Die Grünen begrüßte die Fusion, da hier eine Konstruktion gefunden worden sei, die einen Verkauf von Teilen der Aktien ermögliche, ohne die politische Kontrolle zu verlieren.

Die beiden Banken wollen mit ihrem Coup „ein Gegengewicht“ zu den drei großen Privatbanken Deutsche, Dresdener und Commerzbank sowie der Westdeutschen Landesbank (West/LB) herstellen. Besonders letztere ist mit ihren Expansionen in Brandenburg und Schleswig-Holstein zu einer ernsten Konkurrenz für beide beteiligte Banken geworden.

Die Bankgesellschaft Berlin betreibt die Fusion auch deshalb, weil sie dringend eine größere Kapitalkraft braucht. Für 1996 mußte der Vorstand 2,2 Milliarden Mark als mögliche Verluste verbuchen, weil Industrieunternehmen pleite gingen und ihre Kredite nicht zurückzahlen konnten. Christoph Villinger, Hannes Koch

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