■ Mit der Handy-Forschung auf du und du
: Heißes Thema

Berlin (taz) – Weltweit lassen die Mobiltelefonkonzerne mögliche Gesundheitsgefährdungen durch Handys erforschen. Ob Motorola in den USA oder Telstra in Australien. Die Hoffnung der Auftraggeber ist es, Gesundheitsgefahren durch ihre Geräte ausschließen zu können. Allgemein akzeptiert ist bisher nur, daß die verwendeten Radiowellen menschliches Gewebe erhitzen können. Die Feldstärken moderner Handys sind aber so schwach, daß sie keine nennenswerte Erwärmung erzeugen.

Die Telefone seien daher sicher, sagt die Industrie. Mobiltelefone stehen aber in dem Verdacht, auch durch sogenannte nichtthermische Effekte Krebs oder sogar Alzheimer fördern zu können. Beweise gibt es dafür nicht, lediglich Verdachtsmomente. Aber die Sorge in der Bevölkerung ist groß, und vor allem in den USA klagen bereits zahlreiche Bürger gegen die großen Telekommunikationskonzerne.

Kein Wunder, daß allein die amerikanische Industrie einen 42 Millionen Mark schweren Forschungsfonds eingerichtet hat. Bisher ohne besorgniserregende Ergebnisse. Lediglich die unabhängigen Forscher Henry Lai und Narenda Singh von der Universität Washington berichteten von Unregelmäßigkeiten in Hirnzellen von Ratten, die hochfrequenter Strahlung ausgesetzt worden waren. Dort beobachteten sie besonders häufig Brüche in den Doppelsträngen des Erbguts. Daß gerade unabhängige Forscher etwas fanden, ist wenig verwunderlich: Die Erfahrung mit den US-Tabakkonzernen lehrt, daß die Industrie auch schon mal mißliebige Ergebnisse der von ihnen beauftragten Forscher unterdrückt.

Um so überraschender, wenn das Gegenteil passiert. Radiowellen ähnlich denen von Handys fördern Lymphgewebekrebs bei Mäusen, fand die Gruppe von Michael Repacholi am Königlichen Krankenhaus Adelaide in Australien heraus. Sie wird von der staatlichen australischen Telefongesellschaft Telstra gefördet. Tatsächlich hatten die Forscher nicht daran geglaubt, etwas zu finden. Mit einem möglichst plausiblen Modell wollten sie ursprünglich jedes Krebsrisiko ausschließen. Um so ernster muß man ihr Ergebnis nehmen.

Als sicher kann nach dem bisherigen Stand der Forschung gelten, daß Handys keinen Krebs auslösen. Aber sie stehen im Verdacht, Krebs zu fördern. Allein in der EU sind bereits über 25 Millionen Handys zugelassen. Grund genug nun auch für die EU, dieses Jahr ein Forschungsprogramm über 48 Millionen Mark aufzulegen. Matthias Urbach