Friede allen alten Hütten

■ In Bayern haben die Besitzer von ehrwürdigen Gebäuden nichts zu melden

12.000 schutzwürdige Gebäude gibt es in Hamburg, 1.200 davon stehen unter Denkmalschutz. In Bayern stehen 113.000 Gebäude unter Schutz – von 113.000 schutzwürdigen Gebäuden. Ursache für den kleinen Unterschied: In Hamburg und Bayern gelten zwei grundverschiedene Verfahren des Denkmalschutzes.

In beiden Ländern legen die Behörden zunächst fest, welche Gebäude als schutzwürdig gelten. Die Entscheidungskriterien (u.a. geschichtliche und städtebauliche Bedeutung) sind praktisch identisch. In Bayern greift danach das sogenannte Ipsa-lege-Prinzip: Alle schutzwürdigen Gebäude gelten automatisch (ipsa lege = durch das Gesetz selbst) als Denkmal – egal, was die Besitzer dazu meinen.

Nach dem Hamburger Gesetz mit seinem „konstitutiven Prinzip“sind schutzwürdige Gebäude dagegen noch lange nicht geschützt. Die Behörden müßten dazu das Gebäude in einem weiteren Prozeß – unter Beteiligung der BesitzerInnen – in den Ehrenstand des Denkmals erheben, was die Ämter auch nicht müssen, sondern „können“(§2 Abs.1 S.1), und selbst das können sie in der Praxis nicht.

Schuld ist Paragraph 15, Absatz 4, Satz 1: Einem Besitzer sind Sanierungskosten „insoweit zu ersetzen, als sie ... aus Gründen des Denkmalschutzes erwachsen und ihm wirtschaftlich nicht zumutbar sind.“Soll heißen: Eine denkmalgerechte Sanierung ist den EignerInnen nur zuzumuten, wenn das Gebäude die nötigen Einnahmen für eine denkmalgerechte Restauration selbst abwirft – ein aussichtsloses Unterfangen. Das private Vermögen der EignerIn wird nicht angetastet. Jedem Spekulanten genügt also ein dezenter Hinweis auf Paragraph 15, Absatz 4: Läßt er die Hütte stehen, geht die Sanierung auf Kosten der Stadt – falls sie das Gebäude nach wie vor in die Denkmalliste eintragen will.

GAL und CDU-Bezirksfraktion Hamburg-Mitte fordern, auch in Hamburg das Ipsa-Lege-Prinzip einzuführen. Gegenargument der Stadt: Mit einem Schlag gäbe es 12.000 Denkmäler in der Stadt, das Denkmalschutzamt bräuchte mehr Personal und Geld. GAL und CDU verweisen gemeinsam auf die guten Erfahrungen in Hessen. Dort wurde ebenfalls das Ipsa-lege-Prinzip eingeführt, ohne höhere Kosten.

Der Senat hat unterdessen eine Novellierung des Denkmalschutzgesetzes beschlossen. Der Wortlaut wird erst in den kommenden Wochen mit der Diskussion in der Bürgerschaft bekannt. Soviel aber ist sicher: Eine Umstellung auf das strengere Gesetzesverfahren a la Hessen und Bayern hat der Senat nicht vorgeschlagen. In einer Erklärung der Staatlichen Pressestelle heißt es: „Die neue Fassung sieht vor, Hamburgerinnen und Hamburger frühzeitiger an den Planungen des Denkmalschutzes zu beteiligen.“ Achim Fischer