Grüne Klage abgeschmettert

Landesverfassungsgerichtshof bestätigt das Düsseldorfer Genehmigungsverfahren zum umstrittenen Braunkohlekraftwerk Garzweiler II  ■ Aus Münster Walter Jakobs

Die SPD-Regierung in Düsseldorf hat bei der Genehmigung des „Braunkohleplans Garzweiler II“ kurz vor der Landtagswahl 1995 die Rechte des Landesparlaments nicht verletzt. Zu diesem Urteil gelangte gestern der nordrhein-westfälische Verfassungsgerichtshof in Münster, der auf Antrag der bündnisgrünen Landtagsfraktion das Genehmigungsverfahren zu überprüfen hatte.

Im Kern ging es bei der grünen Organklage um die Frage, wer nach dem geltenden Recht in NRW die planerische Leitentscheidung über das umstrittene Mammutprojekt treffen durfte: die Regierung oder das Parlament mit einem speziellen Garzweiler-II- Gesetz? Angesichts der mit dem Projekt verbundenen ökologischen und sozialen Eingriffe – mehr als 7.000 Menschen müßten den Baggern weichen – hätte die Genehmigung nach Auffassung der Grünen nur durch ein auf den Standort Garzweiler II bezogenes Einzelgesetz erfolgen dürfen.

Die Verfassungsrichter folgten dieser Argumentation nicht. Ein Sondergesetz sei nicht nötig gewesen, so der Gerichtspräsident Michael Bertrams, weil das Landesplanungsgesetz als Entscheidungsgrundlage ausreichte und der Regierung die genutzte Handlungsfreiheit gewährte. Die grundsätzliche landesplanerische Zulässigkeit des Braunkohleabbaus habe der Landtag zudem mit dem Braunkohlegesetz aus dem Jahr 1950 geregelt. Seither seien die Bestimmungen des Braunkohleabbaus auch neuen Umweltgesichtspunkten angepaßt worden. Zuletzt 1994 durch die Aufnahme der Umweltverträglichkeitsprüfung in das Landesplanungsgesetz.

Während die Bündnisgrünen das Urteil gestern bedauerten, zeigte sich der Düsseldorfer SPD- Fraktionschef Klaus Matthiesen hocherfreut. Für die Grünen sei nun die Zeit gekommen, so Matthiesen, den Richterspruch zu akzeptieren und den „Kampf gegen Garzweiler II aufzugeben“. Noch im Gerichtssaal widersprach der grüne Landesvorsitzende Rainer Priggen. Man habe zwar auf eine andere Entscheidung gehofft, aber man werde den „Widerstand gegen das Irrsinnsprojekt“ weiterhin „mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützen“.

Unmittelbare Auswirkungen auf den Bestand der rot-grünen Koalition hat die Entscheidung nicht. Ernst wird es erst, wenn das Landesbergamt Düren über den nun zur Genehmigung anstehenden Rahmenbetriebsplan befindet. Doch vorher müssen die Münsteraner Richter noch über sechs weitere kommunale Verfassungsbeschwerden entscheiden. Erkelenz, Mönchengladbach, Viersen, Wegbeg, Jüchen und der Kreis Heinsberg sehen sich durch den geplanten Abbau von 1,3 Milliarden Tonnen Braunkohle auf einer Fläche von 48 Quadratkilometern ihrer kommunalen Selbstverwaltung beraubt.

Schon kurz nach der Urteilsverkündung begann gestern die Anhörung zu diesen sechs Klagen. Die Vertreter der Kommunen bezweifelten auch die demokratische Legitimation des für die Realisierung des Projektes zuständigen Braunkohleausschusses. Beim Gerichtspräsidenten stieß diese Argumentation indes auf erhebliche Skepsis. Es sei für ihn „sehr schwer“, den Begründungen der Kläger zu folgen, sagte Bertrams.

Insgesamt blieb bei der Anhörung offen, wie das Gericht bei den kommunalen Klagen gegen das Braunkohlekraftwerk Garzweiler II entscheiden wird. Mit einem Urteil ist noch vor der Sommerpause zu rechnen.

Weitere Klagen gegen das Projekt laufen vor dem Verwaltungsgericht in Aachen. Hierbei geht es darum, ob einfache Gesetze während des Planungsprozesses verletzt wurden. Etwa durch Mißachtung von Verfahrensvorschriften oder durch Beteiligung von „befangenen Amtsträgern“ an der Aufstellung des Braunkohleplans. Ein Ende dieser Verfahren ist nicht in Sicht. Zunächst einmal will das Aachener Verwaltungsgericht die Entscheidung in Münster abwarten.