Bebrillter Durchlauferhitzer

■ Der finnische Hipster Jimi Tenor schenkt mit improvisierter Elektronik und schwarzem Humor leichtes, freudvolles Hören

Um Jimi Tenor muß man sich keine Sorgen machen. Sein Gesicht mit der schweren Brille ist in allen Magazinen, weil er es so will. „Ich mag Fotografen“, bemerkt er lakonisch, „sie verkaufen meine Platten. Die Musik ist ziemlich mellow, und die Kids würden sie möglicherweise nicht kaufen, wenn sie nicht überall mein Gesicht sehen würden. Auf diesem Wege kriege ich sie aber alle.“Solch markige Aussagen, die wir eher einer ehrlichen Minute der Backstreet Boys zuschreiben würden, kennzeichnen Tenors beeindruckende Lässigkeit. Überkommene Beschränkungen wie Underground-Ethos oder Bescheidenheit sind ihm fern.

Gleiches gilt für seine Musik. Aus der Ferne betrachtet bewegt er sich innerhalb der progressiven Elektronik-Szene. Je näher man ihm und seinen Klängen jedoch kommt, desto mehr verschwimmen die Kategorien. Am Ende bleibt nur Pop. Auf mittlerweile drei Alben produziert Tenor technisch immer ausgefeiltere, melodische Kleinode und praktiziert zeitgemäßen Eklektizismus auf höchst unterhaltsamem Niveau. Da ist ein Nebeneinander von leicht unbeholfenem Saxophonspiel und minimaler Elektronik, da ist stumpfeste Oldschool-Techno-Monotonie, da sind Funk und Wave im semi-akustischen Durchlauferhitzer – und dabei durchweg leichtes, freudvolles Hören.

Jimi ist der Messias, der uns vom Thron der Hipness herunter von der spaßreduzierten, elektro-minimalistischen Tragik befreit, um die songorientierte Gefühlswelt aufs Neue zu erfinden. Was natürlich, wie so oft, eine Frage des Blickwinkels ist. Doch woher sollte dieses Modell eines coolen funky Entertainers kommen, wenn nicht aus den Weihen der digitalen Elite, die Tenor letzten Endes aber genausowenig interessiert wie alles, was keinen Soul hat.

Außerdem braucht er ein Instrument in der Hand, sagt er – wenigstens als Therapie. Tatsächlich macht es einen, wenn nicht den entscheidenden Unterschied, daß er alle Instrumente wirklich spielt und dazu auch noch singt. Dies entspricht auch seinem Wunsch nach Improvisation, der, wie er jederzeit zugibt, eigentlich aus fehlender handwerklicher Exaktheit geboren ist. Daß darin mehr Leben steckt als in der spaßtoten Tragik einer vollversampelten Darbietung, weiß er natürlich genau.

Jimi Tenor ist übrigens Finne. Das hat ihn stoisch, seinen Humor schwarz und seine Musik beweglich und offen gemacht. „Du kannst dich in Finnland nicht abgrenzen“, bemerkt er, „sonst bist du ganz allein.“Jetzt sitzt er bequem im Pop-Express Richtung weite Welt und ist wahrscheinlich nie mehr allein. Und er weiß um Gas und Bremse.

Holger in't Veld

So, 27. April, 21 Uhr, Mojo