Arbeit schaffen wie beim dänischen Jobwunder

■ SPD zurück aus Holland und Dänemark: Aktive Arbeitsmarktpolitik notwendig

Mit einem erheblichen Zuwachs an Radikalität kam die SPD-Spitze von einer Reise nach Dänemark und Holland zurück. „Wenn nötig, muß man unser System ändern“, sagte Fraktionschef Klaus Böger gestern in aller Öffentlichkeit. Zusammen mit SPD-Arbeitssenatorin Christine Bergmann und Parteivorstand Detlef Dzembritzki hatte er erfahren, wie die Nachbarländer erfolgreich die Arbeitslosigkeit bekämpfen.

Beiden Staaten ist es in den letzten Jahren gelungen, die Unterbeschäftigung von weit über zehn auf rund sieben Prozent zu drücken. Nachahmenswert dabei sei, erläuterte Dzembritzki, den jobsuchenden Menschen sowohl erweiterte „Rechte“ zuzubilligen als auch konkrete „Pflichten“ aufzuerlegen.

Die Rechte: In Dänemark haben Arbeitlose Anspruch auf Qualifizierung vom Staat innerhalb von zwei Jahren nach dem Jobverlust. Dadurch sollen sie wieder eine Beschäftigung in der Wirtschaft finden. Die Pflichten: Wer das Qualifizierungsangebot nicht annehme, werde mit einer Kürzung der staatlichen Unterstützungszahlungen bestraft, so Dzembritzki.

Arbeitssenatorin Christine Bergmann lobte besonders das in Dänemark übliche Modell der „Jobrotation“. Dabei schicken Unternehmen einen Teil ihrer Beschäftigten in staatlich geförderte Weiterbildungsmaßnahmen. Die vorübergehend freien Stellen werden mit Arbeitslosen besetzt. Für die Firmen ist das ein lukratives Verfahren, denn der Staat überweist einen Teil der Arbeitslosenunterstützung weiterhin als Lohnkostenzuschuß.

Angeblich bleiben rund 80 Prozent der ehemaligen Arbeitslosen auch dann in den Betrieben, wenn die festangestellten Beschäftigten aus ihren Schulungskursen zurückkehren. Bei der Jobrotation schlägt man mehrere Fliegen mit einer Klappe: Arbeitssuchende finden Stellen, durch die Weiterbildung stellt der Staat der Wirtschaft fortwährend produktive, weltmarktfähige Beschäftigte zur Verfügung. Überdies spart die öffentliche Hand auch Geld, wenn die Arbeitslosigkeit abnimmt.

In Berlin gibt es bislang nur zwei kleine Projekte mit 32 Beschäftigten, die den dänischen Weg kopieren. Das liege an rechtlichen Hindernissen, so Bergmann, die hierzulande die flexible Finanzierung von „aktiver Arbeitsmarktpolitik“ oft verhinderten. Außerdem fehle in der Bundesrepublik noch der in Holland und Dänemark übliche Konsens zwischen Staat, Kapital und Arbeit für unorthodoxe Maßnahmen. Hannes Koch