Parlamentsmanöver um Albanien-Mission

■ Italiens Opposition stimmt dem Truppeneinsatz zu, der Regierungschef tut, als wolle er zurücktreten. Eine Vertrauensfrage soll alles wieder ins reine bringen

Rom (taz) – Ein neuer Akt des öffentlichen Schattenboxens in der italienischen Regierung ist im Gange. Wenn die Grünen und die ebenfalls zur Mitte-links-Allianz gehörende Rifondazione comunista dem Einsatz italienischer Soldaten in Albanien nicht zustimme, so hat Regierungschef Romano Prodi in einer Erklärung vor dem Abgeordnetenhaus gedroht, werde er sich „unverzüglich zu Staatspräsident Scalfaro begeben, um diesem über die Lage im Parlament Bericht zu erstatten“.

Was für ausländische Ohren wie Petzen über den bösen Spielkameraden klingt, bedeutet im italienischen Sprachgebrauch normalerweise, daß der Ministerpräsident sein Amt zur Verfügung stellt, weil er die Mehrheit im Parlament verloren hat.

So ganz genau wollte sich Prodi allerdings nicht festlegen, welche Konsequenzen er aus der Tatsache ziehen will, daß die umstrittene „Albanien-Mission“ in der Abgeordnetenkammer nur durch die Zustimmung der Rechtsopposition gesichert werden konnte. Am wahrscheinlichsten ist daher auch, daß Staatspräsident Scalfaro den amtierenden Kabinettsvorsteher in die beiden Häuser des Parlaments schickt und die Vertrauensfrage stellen läßt. Da diese dann mit keiner Sachfrage – also auch nicht mit der Albanien-Mission – verbunden ist, können Grüne und Rifondazione comunista ihr leichten Herzens zustimmen, und die Regierung ist gerettet. Prodi hätte dann das Kunststück fertiggebracht, mit wechselnden Mehrheiten zu regieren, ohne die ursprüngliche Regierungskoalition zu verlieren.

Nicht abzusehen ist allerdings, ob sich nun umgekehrt die anderen Koalitionspartner alle auf ein solches Manöver einlassen. Voller Wut verlangen die moderate Volkspartei und die Italien-Reformer, die zusammen etwa soviel Abgeordnete wie die Kommunisten aufbringen, „sofort einen klaren, unabweichbaren Pakt für den Rest der Legislaturperiode, an den sich auch die Rifondazione comunista hält“ – oder die Vertrauensfrage könnte nun an den konservativeren Gruppen der Koalition scheitern. Für Prodi würde dann das schlitzohrige Manöver einer Trennung der Albanien- und der Vertrauensfrage zu einen Pyrrhussieg werden.

Bereits am Dienstag hatte der italienische Senat, in dem die Regierung über eine Mehrheit verfügt, der Truppenentsendung nach Albanien zugestimmt. Die insgesamt 6.000 Soldaten sollen von Italien, Spanien, Frankreich und möglicherweise Rumänien gestellt werden. Auch Österreich, Griechenland, Dänemark und die Türkei sagten Truppen zu. Werner Raith