Angst vor dem Spaltpilz in Frankreichs Hinterhof

■ Kameruns frankophile Regierung im Krieg gegen anglophone „Separatisten“

Jaunde/Berlin (IPS/taz) – Im Schatten des Krieges in Zaire wächst die politische Spannung auch in den anderen Frankreich nahestehenden zentralafrikanischen Ländern. Kamerun, wo am 17. Mai Parlamentswahlen stattfinden sollen, erlebt jetzt die schwerste politische Krise seit Jahren, nachdem vor Ostern in den Hochburgen der oppositionellen Sozialdemokratischen Front (SDF) im anglophonen Nordwesten des Landes an der nigerianischen Grenze Anschläge auf Polizeistationen verübt wurden. Drei Polizisten und sieben Zivilisten starben bei anschließenden Gefechten. Auf das Haus eines Polizeichefs wurde ein Brandanschlag verübt. Das staatliche Fernsehen zeigte ausgiebig Bilder der Leichen der getöteten Polizisten.

Die Regierung machte separatistische Gruppen für die Gewalt verantwortlich. Ein „Südkameruner Nationalrat“ (SCNC) wurde ebenso genannt wie eine „Südkameruner Nationale Befreiungsarmee“ (SCNLA), die 500 Buschkämpfer zähle. Auf der Suche nach ihnen entsandte die Regierung Soldaten, die aber statt der erwarteten Jagd auf eine Guerilla begannen, Vertreter der SDF und der anderen großen kamerunischen Oppositionspartei UNDP zu verhaften und ihnen vorzuwerfen, das Land zu zerschlagen. Die Opposition wiederum warf der Regierung von Präsident Paul Biya vor, die Anschläge selbst inszeniert zu haben, um ihre Gegner vor den Wahlen zu schwächen. Ein Verbot öffentlicher Versammlungen ist in Kraft; nur die Regierungspartei RDPC (Demokratische Sammlung des kamerunischen Volkes) darf noch ungestört Wahlkampfveranstaltungen durchführen.

Kamerun ist in einen frankophonen und einen anglophonen Teil gespalten, da die ehemalige deutsche Kolonie nach dem Ersten Weltkrieg zwischen den Mandatsmächten Großbritannien und Frankreich aufgeteilt und erst bei der Unabhängigkeit 1960 wieder zusammengefügt wurde. Gegen die diktatorischen Regierungen der Präsidenten Ahidjo und Biya war die Opposition im anglophonen Nordwesten immer am größten. Hier gründete sich 1990 die SDF unter John Fru Ndi, die an der Spitze der Demokratiebewegung der Jahre 1990 bis 1992 stand, bei der der seit 1984 regierende Paul Biya zur Einführung des Mehrparteiensystems gezwungen worden war. Bei den letzten Präsidentschaftswahlen 1992 reklamierte Biya den Sieg, obwohl nach Meinung unabhängiger Beobachter eigentlich Fru Ndi gewonnen hatte.

Biya wird von Frankreich unterstützt, das Fru Ndi als Agent angloamerikanischer Interessen fürchtet. So haben die politischen Spannungen in Kamerun eine internationale Dimension und im Lande selber einen regionalistischen Charakter. Bei den ersten freien Kommunalwahlen Kameruns 1996 gewann die SDF fast alle Bürgermeisterposten im Nordwesten. Im Herbst 1998 stehen in Kamerun Präsidentschaftswahlen an, bei denen Biya einen schweren Stand haben wird, falls die Opposition sich auf einen gemeinsamen Gegenkandidaten einigt. D.J.