Todesstrafe droht

■ Wole Soyinka und Anthony Enahoro

Am 12. März wurde vor einem Amtsgericht in Nigerias größter Stadt Lagos ein Hochverratsprozeß gegen 15 führende Oppositionelle eröffnet. Unter den Angeklagten, von denen lediglich zwei tatsächlich bei der Prozeßeröffnung anwesend waren und die anderen im Exil leben, sind die beiden wichtigsten Führer der nigerianischen Demokratiebewegung im Exil, Wole Soyinka und Anthony Enahoro. Sie werden beschuldigt, hinter den Bombenanschlägen gegen militärische Einrichtungen und Angehörige des Regimes in Nigeria zu stehen, die zwischen November 1996 und Januar 1997 mehrmals wieder Todesopfer in Lagos fordern. Die Anklage beläuft sich auf „kriegerische Verschwörung“ und „Herbeiführung von Explosionen“. Da diese Vergehen unter die Kategorie des Hochverrats fallen, auf die in Nigeria als Höchststrafe die Todesstrafe steht, ist denkbar, daß den Angeklagten Todesurteile drohen. Der Prozeß ist jetzt auf den 9. Mai vertagt worden; der erst vor kurzem selbst aus dem Gefängnis entlassene Leiter des Anwälteteams der Verteidigung, Gani Fawehinmi, hat mittlerweile Todesdrohungen erhalten.

Wole Soyinka (65) ist einer der bekanntesten Schriftsteller Afrikas und der bisher einzige Literaturnobelpreisträger aus Schwarzafrika. Zeitlebens politisch aktiv, ging er nach der Annullierung der Präsidentschaftswahlen vom Juni 1993 und dem Militärputsch von Sani Abacha im November 1993 ins Exil und warb für eine internationale Isolierung der Machthaber in Nigeria. Er wurde politischer Sprecher der Oppositionsgruppe „Nalicon“ („Nationaler Befreiungsrat von Nigeria“), und im September 1996 wurde unter seinem Vorsitz die „Vereinigte Demokratische Front Nigerias“ (UDFN) gegründet, die sich als Dachverband der verschiedenen aus dem Ausland agierenden nigerianischen Oppositionsgruppen versteht. In einem Interview mit der taz beim Gründungskongreß der UDFN warnte er bereits, die Verzweiflung der Demokratiebewegung in Nigeria könnte zu Gewalttaten führen. Für die seitdem erfolgte Welle von Anschlägen macht er jedoch jetzt Rivalitäten innerhalb des Militärs verantwortlich.

Anthony Enahoro (73) ist einer der langlebigsten Politiker Nigerias und der letzte noch aktive Vertreter der Generation, die das Land 1960 in die Unabhängigkeit führte. Er war der erste hochrangige Parteiführer, der bereits in den 50er Jahren bei Verhandlungen mit der britischen Kolonialmacht für eine rasche Unabhängigkeit eintrat. Nach der Unabhängigkeit überwarf er sich jedoch schnell mit dem neuen Regime und verbrachte einige Zeit im Gefängnis. Inzwischen ist er Vorsitzender der „Nationalen Demokratischen Koalition“ (NADECO), einer aus dem Ausland agierenden Oppositionsgruppe, die vor allem für die Respektierung der vom Militär annullierten Präsidentschaftswahlen von 1993 und den friedlichen Wandel in Nigeria eintritt.