Der Erreger kam mit der Jauchedüngung

■ Der Mikrobiologe Harash Narang fordert, die infizierten Anbauflächen sofort zu sperren

taz: Dr. Narang, aus Deutschland werden Hinweise auf Rinderwahnsinn beim Spargel gemeldet. Hat BSE nun auch die Grenze zum Gemüse übersprungen?

Harash Narang: Die Vermutung ist ja nicht neu. Dabei muß es sich gar nicht um genmanipulierten Spargel handeln. Letzten Juni hat das Londoner Landwirtschaftsministerium in Cornwall eine Spargelkolonie gesperrt, bis heute ist das 10.000 Quadratmeter große Feld nicht freigegeben. Der Guardian meldete, der Bauer habe es mit Jauche gedüngt, obwohl auf seinem Hof sechs Kühe am Rinderwahn verendet sind.

Aber können Sie sich erklären, wie der BSE-Erreger von den Rindern in den Spargel gelangt sein kann?

Durch Experimente in Island ist nachgewiesen worden, daß der Scrapie-Erreger horizontal – also von Schaf zu Schaf – durch Milben übertragen werden kann. Meine eigenen Forschungen haben den BSE-Erreger im Urin der infizierten Rinder nachgewiesen. Die Düngung der Felder mit Jauche ist der mögliche Übertragungsweg, denn der Erreger kann jahrelang im Boden überleben. Spargel gehört zu den Liliengewächsen, deren Rhizome oder Wurzelstöcke nicht nur der Nährstoffaufnahme, sondern auch der vegetativen Vermehrung dienen. Das heißt, sie können nach jeder Verzweigung zwei Pflanzen statt einer bilden. Dadurch verbreitet sich der Erreger immer weiter.

Was raten Sie, was kann man unternehmen, um sicher zu sein, daß kein infiziertes Gemüse in den Handel und somit an die Verbraucher gelangt?

Man muß sofort aufhören, mit Jauche oder Gülle zu düngen. Die Felder, die bereits mit dem Urin vermutlich infizierter Tiere gedüngt worden sind, müssen umgehend für den Anbau gesperrt werden, das Gemüse ist zu verbrennen. Ich habe einen Urin-Schnelltest entwickelt, der innerhalb von einer Stunde Auskunft darüber geben kann, ob das betreffende Rind infiziert ist. Dieser Test müßte auch bei Gemüse funktionieren, wenn eine Übertragung durch Jauchedüngung vorliegt. Die britische Regierung hat mir jedoch Spargelproben aus Cornwall verweigert, weil sie die Sache bis zu den Wahlen am 1. Mai unter Verschluß halten will.

Aber bis dahin könnte es schon viel zu spät sein, weil die neue Spargelsaison dann längst begonnen hat.