Aufseher verprügelten Knacki

■ Staatsanwaltschaft ermittelt – zwei Beamte geständig

Auch nach dem Rücktritt von Anstaltsleiter Hans-Henning Hoff, reißt die Kette der spektakulären Zwischenfälle im Oslebshauser Gefängnis nicht ab. Die Staatsanwaltschaft ermittelt jetzt gegen Beamte, die im Januar 1996 einen Häftling verprügelt haben sollen.

Der drogenabhängige Knacki war kurz zuvor aus dem Krankenhaus-Ost entlassen worden. In der Nacht nach seiner Entlassung soll er unruhig gewesen sein und über Entzugserscheinungen geklagt haben. Zwei Beamte wollten ihn daraufhin in die Beruhigungszelle in den Keller des Knastes bringen. „Ich ziehe nicht um“, soll der Knacki Zeugenaussagen zufolge geschrien haben. „Dann ziehen wir Dich eben um“, sollen die Beamten erwidert und ihn aus der Zelle gezerrt haben. Bis zu diesem Zeitpunkt ist die Auseinandersetzung nichts weiter, als eine alltägliche Situation in der Justizvollzugsanstalt Oslebshausen – was sich danach zugetragen hat, ist jetzt Gegenstand staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen: Als die Beamten den Mann über den Flur führten, stürmten laut Zeugenaussagen etwa zehn Justizvollzugsbeamte herbei. Einige Beamte sollen den Mann, einen Ausländer, so festgehalten haben, daß er sich nicht mehr bewegen konnte. Die übrigen Beamten schlugen angeblich solange auf den Häftling ein bis er bewußtlos zusammenbrach. „Die haben geschrien, Du Scheiß Kanacke, Dich machen wir fertig“, erinnert sich ein Mithäftling.

Justiz-Staatsrat Michael Göbel bestätigte gestern, daß die Staatsanwaltschaft in diesem Fall ermittelt. „Da mehrere Beamte beteiligt waren, kann nicht ausgeschlossen werden, daß die Beamten dabei über das zuläßliche Maß hinaus gegangen sind“, sagte er. Zwei der prügelnden Beamte sind schon vorher wegen Körperverletzung im Dienst aufgefallen: Im September wurden vier Sexualstraftäter von Mithäftlingen in der Dusche fast zu Tode geprügelt. Eine Justizvollzugsbeamtin soll den Häftlingen die Tür zur Dusche aufgeschlossen und sie zur Tat animiert haben. Gegen die Beamtin wird jetzt auch in diesem Fall ermittelt. Einem ihrer Kollegen wird vorgeworfen, des öfteren tatenlos zugesehen zu haben, wenn Häftlinge verprügelt wurden. Auch er soll in der Schlägerei Anfang Januar 1996 verwickelt gewesen sein. Beide sind vom Dienst suspendiert. Die anderen Beamten tun weiter ihren Dienst in Oslebshausen. Noch sei nichts bewiesen, so Göbel. Zwei Beamte hätten den „Schlagstockeinsatz“zugegeben. Der Häftling sei renitent gewesen, verteidigten sie sich. Der verprügelte Häftling, der schwere Schlagverletzungen erlitten hat, hat nicht gegen die Beamten ausgesagt. Er schweigt - aus Angst, sagen seine Mithäftlinge. Kerstin Schneider