Spiel mit dem Feuer

■ CDU/CSU will Arbeit für Ausländer beschränken

Schön war der Begriff nie. „Ausländische Mitbürger“, das klang immer angestrengt. Aber vielleicht wird man dieser Bemühtheit noch nachtrauern – wenn der gute Wille zynischem Kalkül gewichen ist. Wenn Integration zur Sozialduselei abgestempelt ist. Wenn nichtdeutsche Nachbarn nur noch arbeitsmarktpolitische Verschiebemasse sind – so wie es jetzt Sozialpolitiker der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in einem Papier vorschlagen. Auf 32 Seiten umschreiben die Unionspolitiker die Parole, die krakeelende Rechtsradikale längst auf ihre Fahnen gepinselt haben: „Arbeit nur noch für Deutsche“.

Für Neueinwanderer soll der Arbeitsmarkt gänzlich „zu“ sein. Alteingesessene Migranten wie die ehemaligen „Gastarbeiterfamilien“ sollen zwar weiterarbeiten „dürfen“, doch bei „erheblichen Störungen am Arbeitsmarkt“ will die CDU/CSU offenbar auch für diesen Kreis zeitlich und räumlich begrenzte Arbeitsverbote ins Auge fassen.

Fahrlässiger läßt sich Realität kaum verdrängen. In gut dreißig Jahren hat die bundesdeutsche Gesellschaft mühsam begreifen müssen, daß es ein verhängnisvoller Fehler war, AusländerInnen als Synonym für billige Arbeitskraft anzusehen, die man je nach Konjunkturlage hin und her, vor allem aber nach Hause schieben kann. Jetzt, nach jahrelanger, komplizierter, doch immerhin gelebter Integration, versucht die CDU/CSU das Rad der Geschichte wieder ganz auf Anfang zu drehen. Menschen werden wieder zu Verschiebemasse deklariert, zu überschüssiger Ware, die man auf dem Arbeitsmarkt nicht brauchen kann – wohl aber zur Zahlung von Steuern und Renten.

Doch die Bundesrepublik ist nicht mehr das Land, das es Anfang der 60er Jahre war. Fast sieben Millionen Nichtdeutsche leben hier, und die allermeisten werden auf Dauer bleiben. Zusätzlich zu ihnen hat Europa gerade auf den Arbeitsmärkten bereits kräftig Einzug gehalten. Das wird allen Beteiligten ein gewaltiges Umdenken, weg von nationalen Kategorien und zu mehr Toleranz, abverlangen. Die Fehler von damals erneut zu begehen wäre deshalb keine bloße Wiederholung, sondern ein bewußtes Spiel mit dem Feuer. Denn eines ist sicher: Die Vorschläge der CDU/CSU werden vielleicht keinem einzigen Deutschen einen Arbeitsplatz verschaffen – wohl aber viele Sündenböcke. Vera Gaserow