Die Fusion als Chance

■ Eine Ruhrstahl-AG könnte auch den Arbeitern nützen

Die Idee der Ruhrstahl AG ist alles andere als neu. Schon Mitte der 80er Jahre suchte der damalige Chef der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, die drei Stahlkonzerne von der Ruhr für einen Zusammenschluß zu gewinnen. Doch er scheiterte schon im ersten Anlauf, und zwar nicht an den Gewerkschaften, sondern an den Stahlmanagern von Krupp, Thyssen und Hoesch. Niemand wollte auf Macht und Posten verzichten, jeder hoffte insgeheim, den anderen überleben zu können. Prinzipiell, so räumte gestern ein krisenerfahrener linker Stahlgewerkschafter hinter vorgehaltener Hand ein, spräche auch aus Arbeitnehmersicht wenig gegen einen Ruhrstahl-Konzern – wenn sich der Prozeß koordiniert und von Anfang an solidarisch mitbestimmt steuern ließe.

Offen mag sich dazu zur Zeit indes niemand bekennen, denn für die Gewerkschaften wären die Folgen von einiger Brisanz. Bisher beruhte die relative Geschlossenheit der IG Metall im Stahlbereich nicht zuletzt darauf, daß sie stets die Rettung aller Standorte auf ihre Fahnen schrieb. Im Zweifelsfall starben die Hüttenwerke aber gleichwohl einen relativ einsamen Tod. Erinnert sei nur daran, wie verzweifelt die Rheinhausener Belegschaft seinerzeit von Franz Steinkühler den Einsatz der geballten Macht der IG Metall erbeten hatte. Doch viel mehr als Solidaritätskonzerte und Menschenketten konnte die Gewerkschaft angesichts von gravierenden Überkapazitäten im Stahlbereich nicht organisieren. So blieben die Rheinhausener bei ihrem Streik im wesentlichen auf sich selbst gestellt. Im Rahmen einer Ruhrstahl AG wäre der Kampf gewiß anders ausgegangen, weil für die notwendigen Optimierungskonzepte alle Standorte von Krupp, Hoesch, und Thyssen zur Verfügung gestanden hätten.

So würden von einem zukunftsträchtigen, konkurrenzfähigen Stahlkonzern auf lange Sicht auch die Belegschaften profitieren. Für die Arbeitnehmer wäre es deshalb wohl das Klügste, sich jetzt darauf zu konzentrieren, die Fusion zu gestalten, statt dagegen zu kämpfen. Dabei sind vor allem sozial- und regionalverträgliche Lösungen für den kostenungünstigsten Stahlstandort in Dortmund gefragt. Die Substanz dafür böte ein fusionierter Konzern. Aber das würde vertrauensbildende Signale von Managern und Bankern voraussetzen. Darauf warten auch viele Gewerkschafter. Walter Jakobs