Flüchtlinge sollen sparen

■ Vermittlungsausschuß in Bonn kürzt mit SPD-Hilfe Sozi für Asylbewerber

Berlin (taz) – Mit den Stimmen der SPD-Bundesländer will der Vermittlungsausschuß von Bundestag und Bundesrat heute grünes Licht geben für eine drastische Sozialhilfekürzung bei Asylbewerbern und ausländischen Flüchtlingen. Schon Donnerstag könnte dann ein von Gesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) mit den Ländern ausgehandelter Kompromiß den Bundesrat passieren und als Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes zum 1. April in Kraft treten.

Die Novellierung sieht vor, daß Asylbewerber künftig nicht nur ein Jahr, sondern drei Jahre lang eine Unterstützung erhalten sollen, die 20 Prozent unter dem Sozialhilfesatz für Deutsche liegt. Die gekürzten Beträge sollen dabei nur noch in Sachleistungen ausgezahlt werden. Entsprechende Leistungskürzungen sollen künftig auch für Bürgerkriegsflüchtlinge gelten, die mit einer Duldung oder Aufenthaltsbefugnis in Deutschland leben. Diese Gruppe war bisher von den Kürzungen ausgenommen.

Der Kreis der Betroffenen, die mit einem Sozialhilfesatz zweiter Klasse leben müssen, wird mit der Gesetzesänderung verdreifacht. Bei der vorgesehenen Dreijahresfrist soll darüber hinaus nicht das Einreisedatum eines Flüchtlings zählen, sondern der Beginn des Leistungsbezugs. Das bedeutet, daß auch Asylbewerber und Flüchtlinge, die bereits mehrere Jahre in Deutschland leben, vom 1. April an 36 Monate lang mit einer um 20 Prozent gekürzten Sozialhilfe leben müssen.

Die als gesichert geltende Zustimmung des Bundesrats zu dieser Gesetzesnovelle dokumentiert eine deutliche Niederlage der SPD-Bundespolitik gegenüber deren Länderpolitik. Auf Bundesebene hatte die SPD die Ausweitung des Asylbewerberleistungsgesetzes vehement abgelehnt. Die SPD-Bundestagsfraktion sieht darin einen „Verstoß gegen den Asylkompromiß“.

Dieser Änderung des Asylgrundrechts hätten sie als Sozialdemokraten nur unter der Maßgabe zugestimmt, daß die Leistungskürzungen für Asylbewerber auf ein Jahr befristet blieben und Bürgerkriegsflüchtlinge davon nicht betroffen wären. Die SPD-regierten Bundesländer setzten sich jedoch aus Kostengründen über dieses Votum hinweg. Länder und Kommunen erhoffen sich Einsparungen von rund 400 Millionen Mark pro Jahr. Nur die vier rot-grün-regierten Länder werden der Zwei- Klassen-Sozialhilfe die Zustimmung verweigern. Vera Gaserow