Braune Drohungen gegen „Unbunte“

Anzeigenkunden einer in Treptow erscheinenden Schülerzeitung erhalten faschistoide Drohbriefe: „Deutschenfeindliche Tendenzen in jeder Ausgabe“. Das Landeskriminalamt ermittelt  ■ Von Holger Wicht

Drei Inserenten der Treptower Schülerzeitung Die Unbunte haben im Laufe dieser und letzter Woche Drohbriefe einer rechtsextremen Gruppe erhalten, die sich „Autonomer Freundeskreis Deutsche Kultur“ nennt. Die Bedrohten haben sich an das Landeskriminalamt gewandt. Zwei der Geschäftsleute erstatteten Anzeige wegen Nötigung.

„Schließlich kommen die Briefe aus der rechten Ecke, und ich werde unmittelbar bedroht“, erklärt Ralf Bennewitz, der eine Anzeige für sein Kfz-Sachverständigenbüro geschaltet hat, um die Zeitung zu unterstützen. Bennewitz will sich, ebenso wie die Fahrschule Orli in Niederschöneweide, den brieflichen Drohungen nicht beugen. „Ich inseriere weiter“, sagte er gegenüber der taz.

Die Unbunte ist, wie die meisten Schülerzeitungen, auf die Finanzierung durch Werbung angewiesen. Mit einer Auflage von 3.500 Exemplaren erscheint sie alle zwei Monate für taschengeldfreundliche 20 Pfennig an den zwei Gymnasien und vier Gesamtschulen Treptows und liegt außerdem an mehreren öffentlichen Stellen des Bezirks aus.

Seit über einem Jahr ist Die Unbunte auch im Internet zu lesen. Für ihre Internet-Seiten ist die „Unabhängige Schülerzeitung Treptows“ unlängst von der Abteilung Pädagogik und Informatik der Humboldt-Universität ausgezeichnet worden.

Die Briefe kamen mit der Post. Ohne Absender, unterzeichnet mit dem offenbar fiktiven Namen „C. Friebott“. Die Anzeigenkunden werden darin aufgefordert, die Zusammenarbeit mit der Schülerzeitung „im Interesse Ihrer eigenen Sicherheit und Unversehrtheit“ abzubrechen.

Die Unbunte, so die anonymen Drohbriefschreiber, fördere „multikulturelle, deutschenfeindliche Tendenzen in jeder ihrer Ausgaben“. Es werde „gegen deutsche Kultur, deutsches Soldatentum usw. gehetzt und eine sexistische, antiautoritäre Grundstimmung unter Kindern und Jugendlichen geschürt“.

Die Macherinnen und Macher der Unbunten sind empört und verunsichert. „Wir nehmen diese Sache sehr ernst“, erklärt ein Sprecher der Redaktion, der lieber nicht namentlich genannt werden möchte, „das sieht uns leider überhaupt nicht nach einem Spaß aus.“ Unklarheit herrscht über die Motivation der Täter.

„Wir sind eine ganz normale Schülerzeitung mit einer gesunden Mischung verschiedener Positionen.“ Möglich, daß die Rechtsextremen Anstoß an einem Artikel der Dezemberausgabe nahmen, in dem die „Antifa in Treptow“ vorgestellt wurde.

Auch über Kriegsdienstverweigerung hat die gewiß nicht bräunliche Unbunte schon berichtet. „Der Inhalt unserer seit fünf Jahren erscheinenden Schülerzeitung spiegelt aber bestimmt nicht extrem linke Haltungen wider“, erklärt ein Redaktionsmitglied der Zeitung.

Über die Verfasser der Drohbriefe kann bislang nur spekuliert werden. Weder dem Landeskriminalamt noch dem Antifaschistischen Archiv ist ein „Autonomer Freundeskreis Deutsche Kultur“ bekannt.

Rechtsextreme Umtriebe sind an den zwei Gymnasien und vier Gesamtschulen, an denen Die Unbunte erscheint, bislang nicht aktenkundig geworden. Ausnahme: neofaschistische Schmierereien am Anne-Frank-Gymnasium anläßlich der Namensgebung im Jahr 1994. „Wenn es Rechte an den Schulen gibt, sind die sehr vereinzelt“, meint ein Redaktionsmitglied.

Dennoch, daß die Verfasser der Drohbriefe aus dem näheren Umfeld der Redaktion stammen, scheint nicht unwahrscheinlich, denn sie schreiben: „Aufgrund der Zusammensetzung der Redaktion ist diese Haltung [die „deutschfeindliche“, Anm. d. Red.] auch wenig verwunderlich.“ Eine Verbindung zu der neonazistischen „Kameradschaft Treptow“, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird, kann trotzdem nicht ausgeschlossen werden.

Die neue Ausgabe der Unbunten befindet sich zur Zeit im Druck. Eine in letzter Sekunde erstellte Beilage wird die Leserschaft von den Vorfällen unterrichten. Für die Maiausgabe hoffen die Jungjournalisten auf eine Stellungnahme von Innensenator Jörg Schönbohm (CDU), den sie schriftlich aufgefordert haben, zu helfen, daß eine „Strafverfolgung auch zu unserem Schutz, nicht nur zum Schutz der Anzeigenkunden“ aufgenommen wird.