NRW-Grüne bilanzieren ihre Koalition mit der SPD

■ Fraktionssprecherin: Das Land „verändert sich positiv“, Teilerfolge müssen ausgebaut werden. Fundis üben scharfe Kritik an SPD-Wirtschaftsminister Clement

Düsseldorf (taz) – Die rot-grüne Koalition in Düsseldorf hat sich für die Menschen in Nordrhein-Westfalen gelohnt und das Land nach Überzeugung der grünen Fraktionssprecherin Gisela Nacken insgesamt „positiv verändert“. Das zeige die umfangreiche Zwischenbilanz, über die die grüne Fraktion gestern mehrere Stunden lang debattierte. Das über 100seitige Werk, das als Reaktion auf ein Bilanzpapier von vier linken Fundis der Fraktion entstand, soll der grünen Partei Ende der Woche zugehen.

Während die linke Minderheit Anfang des Jahres noch darüber spekuliert hatte, daß bei Fortsetzung des bisherigen Kurses „sich die Sinnhaftigkeit“ der weiteren Regierungsbeteiligung stelle, ist in der nun vorgelegten Bilanz von „vielen positiven Schritten“ und „Teilerfolgen“ die Rede, die es auszubauen gelte. Vor allem die Förderung der regenerativen Energiequellen, des Energiesparens, der ökologischen Abfallpolitik und des ökologischen Bauens verbuchen die gemäßigten Linken und Realos als Erfolge. Fortschritte in der Frauen-, Rechts-, und Innenpolitik sowie bei der Gleichstellung von Schwulen und Lesben werden zusätzlich als „dicke Habenposten“ aufgelistet.

Scharfe Rügen muß sich in dem Papier, für dessen 20 Kapitel allein die jeweils zuständigen Fachleute der Fraktion die Verantwortung tragen, SPD-Wirtschafts- und Verkehrsminister Wolfgang Clement gefallen lassen. Ihm wird vorgeworfen, daß die „privaten Interessen der großen Energieversorgungsunternehmen“ in seinem Ministerium „Vorrang vor den Erfordernissen einer ökologisch orientierten Energiepolitik erhalten“. Auf die wachsende Arbeitslosigkeit antworte Clement „mit einer aggressiven Beton- und Wachstumspolitik traditioneller Prägung“. Seine „Politik ist in der Sache falsch und in ihrer öffentlichen Wirkung verheerend“. Das Fazit: „Alle Signale“, die Clement aussende, „stehen auf Große Koalition“. Auch unter Rot-Grün werde „so eine im Kern konservative Wirtschaftspolitik durchgesetzt“.

Verantwortlich für diese Textpassage, die auf eine Kampfansage an den potentiellen Rau-Nachfolger hinausläuft, sind der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Manfred Busch, und die wirtschaftspolitische Sprecherin der Fraktion, Alexandra Landsberg. Beide gehören zu der Vierergruppe, die noch vor wenigen Wochen von der Fraktionsmehrheit wegen ihrer Fundamentalkritik an der Koalition mit einer „gelben Karte“ bedacht worden war. Doch gestern blieb die Mehrheit stumm – aus Angst vor einer neuerlichen internen Zerreißprobe. Walter Jakobs