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: Fröhlich sein und singen

Die DDR ist tot; sie lebt weiter in ihren Symbolen. Tausend Denkmäler hat der Zeitgeist zwar in den letzten Jahren geschliffen, tausend Straßen – ob Dimitroff, Zetkin oder Puschkin – umbenannt. Doch was blieb, hat noch an herzensnaher Bedeutung gewonnen: die wißbegierigen Digedag Comicfiguren, der grüne Rechtsabbiegerpfeil, von dem es in Westberlin gar drei Stück geben sollte, das Chemnitzer Karl-Marx-Denkmal – gibt es mittlerweile auch als Gummibärchen – und natürlich: das Ampelmännchen.

Das grüne Ampelmännchen, das kommt, wenn man gehen soll, hat einen schrägen Hut und eine lustige Himmelfahrtsnase. Mit entschlossen voranschreitender Fröhlichkeit sollte es den abwartenden Bürger anstecken. Seit dreißig Jahren. Im Gegensatz zum freudlos-funktionell abgemagerten West-Pendant, strahlt es verschmitzte Lebenszuversicht aus. Im Reich der verkürzten Symbole entspricht ihm, was im Genre der verkürzten Sprache „Frösi“ hieß, wenn man versteht, was ich meine. (Frösi war eine Kinderzeitschrift und hieß ausgeschrieben „Fröhlich sein und singen“.)

Zärtlich nannte man das Ampelmännchen „Ampelmännchen“; wer sonst keine Freunde hatte, wurde von ihm ermuntert. Nun sollte es verschwinden. Wegen dem Westen und der EU-Normen, nach denen überall alles gleich auszusehen hat. Protestkomitees wurden gegründet, Demonstrationen angemeldet, Unterschriften gesammelt, und pfiffige Unternehmer begannen pfiffige Ampelmännchendevotionalien zu produzieren. Eine Ampelmännchensong wurde auf den Markt geworfen: „Der Ampelmann ist unser Freund, der es guhut mit uns meint.“ Doch kalt blieb lange das Herz des Westberliner Verkehrssenators Klemann, der bis vorgestern reparaturbedürftige Ostampelmännlein aus dem Verkehr ziehen wollte. Nun hat er seine Ansicht geändert. Warum? Vermutlich ging es gegen die PDS. Deren PR-Strategen hatten nämlich geplant, Gysi im Ampelmännchenoutfit in den nächsten Wahlkampf ziehen zu lassen. Detlef Kuhlbrodt