Der Himmel so blau wie ein FDJ-Hemd

■ Aus Island: „Djöflaeyian – Die Teufelsinsel“ von Fridrik Fridriksson (Forum)

Die Erinnerung mag täuschen, aber das erste Mal tauchte Island in Chris Markers „Sans Soleil“ auf, als Epilog, mit blonden Kindern auf einem Dünenpfad. Das paßte zwar zur Poesie des Films, war aber auch nur ein Zeichen unter vielen. Als der Regisseur Fridrik Thor Fridriksson seinen Forums-Beitrag „Djöflaeyjan“, die Teufelsinsel, im Delphi vorstellte, fiel ihm ebenfalls eine Geschichte ein: Der Film sei W. D. Griffith gewidmet, dessen „Birth of a Nation“ fast jeder Isländer einmal gesehen habe. Und außerdem sei Griffith in einer Bar gestorben, während man auf Island bis 1989 nur ins Kino ging, weil Bier verboten war; da habe man dann „Black Death“ getrunken und jeden Film ohnehin nur im Vollrausch gesehen.

Das klingt komisch und sagt tatsächlich schon sehr viel über „Teufelsinsel“ aus. Es geht um die Amerikanisierung von Island nach dem Zweiten Weltkrieg und all die Schatten, die der große Alliierte im Gemüt der recht urigen Bevölkerung hinterlassen hat: Man lebt in Militärbaracken, die Frauen machen mit den GIs herum, und die Männer bekommen im Gegenzug für diese Liebesdienste Bier.

Gogo wandert gleich mit nach Amerika aus und läßt ihren Sohn nachkommen. Er kehrt als Elvis- Imitator zurück in die Siedlung und benimmt sich fortan sehr halbstark. Weil aber ständig alle betrunken sind, dauert es eine Weile, bis man im Vollrausch die Verzweiflung erkennt, denn mit dem Spagat zwischen Barbarentum und american way of life kommt niemand zurecht. Bisher hielt man Fernsehen für Teufelszeug, nun entpuppt sich das eigene Leben als Hölle. Selbst die Großmutter, eine geübte Geisterbeschwörerin, kann da nichts mehr ausrichten. Der eine Enkel stirbt heldenhaft als Pilot, der andere wird zum Trunkenbold, der jede Woche die Wohnung auseinandernimmt.

Fridriksson fällt der Umgang mit Popzitaten extrem leicht: „Die Teufelsinsel“ sieht wie eine Kreuzung aus Kaurismäkis Leningrad- Cowboys-Filmen und Tarrantino aus. Man trinkt, man lallt, man schlägt sich. Die Eigenheiten liegen dagegen in großartigen Naturaufnahmen, deren klare, aber völlig verdrehte Farbenwelt nicht einmal mit LSD zu erreichen ist. Frühmorgens leuchtet der Himmel dann wie ein FDJ-Hemd und die Landschaft trägt dazu orangefarbene Cordhosen. Harald Fricke

„Djöflaeyian – Die Teufelsinsel“. Regie: Fridrik Thor Fridriksson. Mit: Baltasar Kormákur, Gísli Halldórson. Island/D 1996. 103 Min.u.a. 22.2.: Kino 7 im Zoopalast