Mobutu mit dem Rücken zur Wand

■ Die Rebellen in Zaire haben die Regierungstruppen zurückgeschlagen und wichtige Städte eingenommen. Präsident Mobutu sucht nun militärischen Beistand und macht Kindersoldaten mobil

Berlin/Brüssel (taz) – Vor zwei Wochen erst kündigte die Regierung Zaires eine vernichtende Offensive gegen die Rebellenfront AFDL (Allianz der Demokratischen Kräfte zur Befreiung von Kongo-Zaire) im Osten des Landes an. Und schon ist diese Offensive zusammengebrochen. Die Rebellenfront, die sich den Sturz des Mobutu-Regimes auf die Fahnen geschrieben hat, rückt immer weiter vor. Angesichts dessen verkündete die zairische Regierung gestern eine neue Mobilmachung. Jugendliche ab fünfzehn Jahren sollten sich zur Bildung einer 26.000 Mann starken Eingreiftruppe beim Militär melden, sagte das zairische Außenministerium. Berater aus China und Israel sollen ihre Ausbildung übernehmen.

Zaires Diktator Mobutu hält sich derzeit in Marokko auf, um mit seinem Freund König HassanII. über militärischen Beistand zu verhandeln. Marokko, Togo und Tschad seien bereit, Truppen nach Zaire zu schicken, heißt es aus zairischen Regierungskreisen. Togos Außenminister Koffi Panou sagte jedoch bereits gegenüber AFP, daß Togo „keine Truppen nach Zaire geschickt hat und das auch nicht tun wird“.

Die zairische Armee bestätigte gestern den Verlust der Stadt Kalemie in der Südprovinz Shaba, deren Einnahme AFDL-Führer Laurent Kabila am Montag abend verkündet hatte. In der Stadt erbeuteten die Rebellen zahlreiche Waffen der flüchtenden Regierungstruppen, darunter auch schwere Artillerie. Laurent Kabila kündigte am Montag weitere Vorstöße ein. „Wir haben 5.700 Kämpfer, die gerade mit ihrer Ausbildung fertig sind“, sagte er. Falls die zairische Regierung nicht bis zum 21. Februar Verhandlungen aufnehme, werde die AFDL „innerhalb weniger Tage ganz Shaba einnehmen“.

Im Nordosten Zaires haben die Rebellen die Stadt Watsa erobert. Das stellt für die Regierung einen schweren Schlag dar, denn aus Watsa operierten die weißen Söldner, die unter Führung des Belgiers Bernard Tavernier der zairischen Armee bei der Rückeroberung des verlorenen Territoriums helfen sollten. Wie Willy Mallants, ein belgischer Militärberater der AFDL, in Brüssel der taz sagte, sind die verbliebenen Söldner in Watsa auf dem umkämpften Flughafen versammelt und warten auf die Evakuierung.

Der Einsatz mehrerer hundert gutbezahlter Söldner war von Beobachtern als möglicher Wendepunkt im bisher erfolglosen Kampf der zairischen Regierung gegen die AFDL gewertet worden, so wie beim letzten zairischen Bürgerkrieg Mitte der 60er Jahre. Die Rebellen bestritten das und meinten, die Zairer hätten anders als in den 60er Jahren keine Angst vor Weißen mehr. Was die Söldner überhaupt in Zaire machen, bleibt ein Rätsel. AFDL-Berater Mallants sagt, daß die von weißen Piloten geflogenen Flugzeuge bisher keine einzige Unterstützungsmission für zairische Bodentruppen geleistet hätten. Sie hätten jedoch eine strategisch wichtige Brücke bombardiert, die zum ostzairischen Ort Walikale führt, den die zairische Armee nach eigenen Angaben längst von den Rebellen zurückerobert hat. „Was man selber hält“, so der pensionierte belgische Offizier, „bombardiert man nicht.“ AFDL-Sprecher Kazadi Nyembwe faßt die Aktivitäten der weißen Kämpfer so zusammen: „Die Söldner töten Leute und rennen weg.“ US-Berichten zufolge sind die meisten der Söldner aus Kroatien inzwischen an Durchfall erkrankt.

Beide jetzt von den Rebellen eingenommenen Städte sind Schlüsselorte. Kalemie im Südosten Zaires ist einer der wichtigsten Knotenpunkte der zairischen Wirtschaft. In der Hafenstadt am Tanganjika-See werden normalerweise die per Eisenbahn angelieferten Bergbauprodukte des mineralienreichen Shaba zum Export verladen. Von Kalemie verläuft eine gut ausgebaute Straße und eine Eisenbahnlinie quer durch den Süden Zaires nach Kamina, einer der größten Militärstützpunkte Afrikas, von wo aus in den 80er Jahren die USA zusammen mit Zaire die Unita-Rebellen in Angola mit Nachschub versorgten. AFDL-Chef Kabila ist in dem Dorf Ankoro an der Straße von Kalemie nach Kamina geboren. Kabila ist bereits dabei, in seiner alten Heimat politische Allianzen zu knüpfen. Am vergangenen Freitag sprach sich die Basis der in Shaba regierenden Partei UFERI (Union der Föderalisten und unabhängigen Republikaner) für einen Bruch mit Mobutu aus.

Über Watsa im Nordosten Zaires verlief die Militärkooperation zwischen den Regierungen von Zaire und Sudan. Daß Watsa zuletzt zum Hauptquartier der ausländischen Söldner in Zaire wurde, erklärt ADFL-Berater Mallants denn auch vor allem mit dem Wunsch der zairischen Regierung, einen Zusammenschluß der zairischen AFDL-Rebellen mit der südsudanesischen SPLA-Guerilla, die gegen das islamistische Militärregime im Sudan kämpft, zu verhindern. Mit der Einnahme Watsas durch die AFDL ist dies gescheitert. Dominic Johnson, François Misser