Jona G. schläft noch

Durch Sauerstoffentzug bewahren sich Altländer Äpfel monatelang frische Bäckchen  ■ Von Jörn Freyenhagen

Warum die Banane krumm ist, weiß in Hamburg jeder, der schon mal eine Hafenrundfahrt mitgemacht hat: Sie wird bekanntlich in speziellen Speichern in Form gebogen. Warum aber lockt ein Altländer Apfel, der schließlich im Herbst geerntet wurde, auch noch im Frühjahr mit knackigen Bäckchen? Künstlicher Winterschlaf heißt das Geheimnis, mit dem die Obstbauern ihre empfindliche Ware bis in den Juni hinein in Form halten.

Kaum pflückreif, wandern die Äpfel aus dem größten Obstanbaugebiet Deutschlands in die Kühlräume. Dort herrscht im allgemeinen eine Temperatur von 2 bis 4 Grad Celsius und eine Luftfeuchtigkeit von 90 Prozent. „Wir verlangsamen den Entwicklungsprozeß von der Pflück- zur Genußreife“, erläutert Peter Ramdohr vom Obstbauversuchsring Altes Land. Auf diese Weise werden die Früchte bis Ende Januar frisch gehalten. Obstbauern, die auch danach noch Knackiges anbieten wollen, lagern einen Teil ihrer Ernte in Lagerräumen mit „controled atmosphere“ (CA) ein.

„Äpfel atmen, nachdem sie gepflückt wurden, Sauerstoff ein und Kohlendioxid aus“, erklärt Ramdohr: „Bei geringem Sauerstoffgehalt in der Luft atmen die Äpfel langsamer.“ Im CA-Lager wird der Sauerstoffgehalt von 21 Prozent auf 3 bis 4 Prozent reduziert; das apfelunverträgliche Mehr an Kohlendioxid wird mit Hilfe von Kalk in den Kühlräumen gebunden. Noch eine Stufe weiter geht das Ultra-Low-Oxygen (ULO)-Lager. Dort wird der Sauerstoffgehalt auf den extrem niedrigen Wert von 1,5 bis 1,3 Prozent heruntergedrückt. „Das muß genau kontrolliert werden“, warnt Ramdohr. „Sonst fallen die Äpfel vom Winterschlaf in den Erstickungstod.“ Per Einstell-Automatik wird der Sauerstoffanteil konstant gehalten.

Bis Ende Mai/Anfang Juni können die Altländer Obstbauern ihre Äpfel auf diese „ganz natürliche Weise“ frisch halten: „Chemie ist hier nicht im Spiel“, versichert Peter Ramdohr, „auch die Luft in den Kühlräumen ist nicht giftig.“

Wer dennoch Bedenken hat, muß auf die Namen achten, denn nicht alle Sorten eignen sich für den Winterschlaf im CA- oder ULO-Lager. Herbstäpfel wie Jamba, James Grieve und Gravensteiner werden sofort nach der Ernte vermarktet und überhaupt nicht eingelagert. Cox Orange oder Ingrid Marie zum Beispiel werden bis zum Januar gern gegessen. Für die Langzeit-Lagerung bis zum Frühjahr werden Boskop, Jona Gold, Elstar, Gloster und Glockenapfel bevorzugt.