Die Rückkehr des Demagogen

■ Madagaskars Exdiktator Ratsiraka kehrt an die Macht zurück

Berlin (taz) – Einer der übelsten Diktatoren Afrikas ist auf völlig demokratischem Wege an die Macht zurückgekehrt. Didier Ratsiraka, Militärherrscher über den Inselstaat Madagaskar von 1975 bis 1992, ist als Sieger aus den Präsidentschaftswahlen vom 29.Dezember 1996 hervorgegangen. Nach fünf Wochen Auszählung besiegte er mit 50,7 Prozent der Stimmen Albert Zafy, der ihm 1992 nach seinem Sturz als freigewählter Präsident nachgefolgt war. Der Vorsprung von 45.000 Stimmen hatte sich schon bald nach der Wahl abgezeichnet, aber wegen Manipulationsverdachts hatte das Innenministerium die Auszählung am 6. Januar stoppen lassen. Am vergangenen Freitag schließlich verkündete der Präsident des Verfassungsgerichts in einer Liveschaltung des Staatsrundfunks Ratsirakas Sieg.

Es ist 22 Jahre her, daß Ratsiraka auf dem bitterarmen Madagaskar in einem Putsch die Macht übernahm und den Sozialismus ausrief. Mit nordkoreanischer Hilfe schaffte er es, die fruchtbare Insel herunterzuwirtschaften und zugleich einen finsteren Polizeistaat aufzubauen. 1991 war Madagaskar Schauplatz einer der spektakulärsten Demokratiebewegungen der Welt, als wochenlang jeden Tag Hunderttausende von Demonstranten durch die Hauptstadt Antananarivo zogen und Demokratie forderten. Nachdem Ratsirakas Präsidialgarde an einem dieser Protesttage ein Blutbad anrichtete, mußte der Diktator Wahlen zugestehen, die er gegen den Anführer der Demokratiebewegung, Albert Zafy, verlor. Zafy aber erwies sich als ebenso korrupt und unfähig wie sein Vorgänger und trieb durch die Erhöhung der Preise für Grundnahrungsmittel weite Bevölkerungsteile in den Ruin. Vergangenes Jahr wurde er vom Verfassungsgericht abgesetzt; Neuwahlen wurden ausgeschrieben. Ratsiraka gewann nun vor allem mit den Wählerstimmen der Hauptstadt – genau dieselben Leute, die 1991 gegen ihn demonstriert hatten.

Die Rückkehr des alten Diktators von Madagaskar ist ein Musterbeispiel dafür, wie afrikanische Demokraten scheitern können. Ohne nennenswerte finanzielle Hilfe aus dem Ausland und ohne eine Demokratisierung des politischen Systems konnte Zafy nur eine schlechte Kopie von Ratsirakas autoritärer Herrschaft bieten. Die Madegassen haben ihm nun das Original vorgezogen.

Ratsiraka selbst hat aber offenbar auch nichts dazugelernt. Hatte er 1975 den damals zeitgemäßen Sozialismus ausgerufen, macht er sich nun die Schlagworte der 90er Jahre zu eigen. Nach seinem Amtsantritt verkündete er, er werde aus Madagaskar per Referendum eine „humanistische und ökologische Republik“ machen – „die erste der Welt“. Aber was den Lebensstandard der Bevölkerung angeht, wird Madagaskar wohl weiter zu den Schlußlichtern gehören. D.J.