Britisches Unterhaus nimmt den Fuß vom Gas

■ Ohne Verkehrsberuhigungsplan bald weniger Staatszuschüsse für Kommunen

Edinburgh (taz) – Gegen den Widerstand von Naturschützern und Anwohnern läßt die Tory-Regierung seit Jahren Autobahnen durch britische Landschaften betonieren. Doch die goldenen Zeiten für Autofahrer im Königreich dauern nicht ewig: Ende vergangener Woche debattierte das Unterhaus in London in zweiter Lesung über ein „Straßenverkehrsreduzierungsgesetz“. Ohne Widerstand kam es über diese wichtige Hürde. Nachdem kurz zuvor die Regierung ihre ablehnende Haltung aufgegeben hatte, wird es wohl noch vor den Wahlen in diesem Frühjahr verabschiedet werden.

Das Gesetz wird die lokalen Verwaltungen im ganzen Land zwingen, Ziele für die Reduzierung des Autoverkehrs zu setzen und Aktionspläne auszuarbeiten. Diese könnten Maßnahmen enthalten wie Einrichtung von Bus- und Fahrradspuren auf den Straßen, radikale Geschwindigkeitsbegrenzungen und autofreie Zonen. Die Erteilung von Baugenehmigungen für verkehrserzeugende Projekte – wie Einkaufszentren und Vergnügungsparks auf der grünen Wiese – dürften verweigert werden.

Die lokalen Programme sollen vom Verkehrsministerium koordiniert werden. Gemeinden, die keinen Plan einreichen, drohen Kürzungen der finanziellen Zuweisungen. Außerdem werden sie erklären müssen, warum sie Verkehrsbeschränkungen für unnötig halten – all dies ist für Großbritannien eine kleine Revolution.

„Zum ersten Mal erkennt die Regierung an, daß es besser ist, den anwachsenden Verkehr zu bekämpfen, als zu versuchen, ihm mehr Platz zu schaffen“, kommentiert der liberaldemokratische Parlamentarier Don Foster, der den Gesetzentwurf ins Parlament einbrachte. Das Vorhaben hatten mehr als hundert Lokalverwaltungen, 220 Unterhausabgeordnete, die grüne Partei und Umweltverbände unterstützt. „Friends of the Earth“ sammelte über 200.000 Unterschriften.

Um für das Gesetz die Unterstützung der Regierung zu bekommen, mußte Foster allerdings Kompromisse eingehen. In der Urfassung waren auch nationale Ziele vorgesehen: Bis zum Jahr 2005 sollte der Autoverkehr um fünf Prozent gegenüber 1990 reduziert werden. Das mochte das Verkehrsministerium, das gegenwärtig 34 Milliarden Mark in rund 3.000 Kilometer Straße investieren will, dann doch nicht akzeptieren.

Für Städte wie Edinburgh wird sich durch das neue Gesetz wenig ändern. Die schottische Hauptstadt hat schon vor zwei Jahren entsprechende Ziele und einen Aktionsplan beschlossen: Park&Ride-Plätze und Busspuren wurden eingerichtet, autofreie Wohnprojekte und Car-Sharing unterstützt.

Die Haupteinkaufsstraße ist seit letztem Sommer in einer Richtung für normalen Autoverkehr gesperrt. Gleichzeitig wurde der Fußweg verbreitert und eine Fahrradspur angelegt. Mit Erfolg, wie David Begg, Verkehrswissenschaftler an der Napier-Universität und verkehrspolitischer Sprecher des Labour-geführten Stadtrates betont: „Luftverschmutzung und Unfallzahlen sind zurückgegangen. Die Busse fahren viel pünktlicher, und überraschenderweise hat sich auch die Fahrzeit für Autos verringert.“ Der Grund dafür sei die reduzierte Zahl der Fahrzeuge, die überhaupt noch durch die Innenstadt fahren. Als nächster Schritt soll die Straße nun auch in der anderen Richtung gesperrt werden. Toralf Staud