■ Mit Tiermehl auf du und du
: Futter für Schweine

Berlin (taz) – Tote Rinder, Schweine und Hühner werden in Deutschland nach wie vor zu Fleischmehl verarbeitet und verfüttert. Im Jahr 1995 seien rund 2,2 Millionen Tonnen Rohmaterial in den 41 zugelassenen Tierkörperbeseitigungsanstalten angeliefert worden, sagte gestern Harald Niemann vom Verband der Fleischmehlindustrie. Die deutschen Unternehmen erzielen einen Jahresumsatz von rund 440 Millionen Mark.

Über 85 Prozent des angelieferten Rohmaterials sind nach übereinstimmenden Angaben Niemanns und des Bundeslandwirtschaftsministeriums Reste aus deutschen Schlachthöfen. Die übrigen 15 Prozent sind tote Tiere, die die Tierkörperbeseitigungsanstalten häufig direkt bei den Landwirten abholten. Auf den Lastern und in der Verarbeitung würden Rinder, Schweine und Hühner und die Reste aus den Schlachthöfen normalerweise nicht getrennt, so Niemann.

Manfred Brunner, Geschäftsführer der nordrhein- westfälischen Landes-Tierkörperbeseitigungsanstalt (TBA) in Detmold, beschreibt das Procedere in den Fabriken so: Die toten Tiere oder Schlachtreste werden mit wasserdichten Speziallastern abgeholt. In den TBA werden die Kadaver und Schlachtereireste anschließend bei 133 Grad Celsius und einem Druck von 3 Bar 20 Minuten lang sterilisiert. Dies solle etwaige Krankheitserreger abtöten. In britischen TBA sei auf diesen Schritt jahrelang aus Kostengründen verzichtet worden.

Die hierzulande bei 133 Grad Celsius „sterilisierte“ Rohmasse wird als nächstes in einem Vakuumtrockner bei 100 bis 125 Grad für vier Stunden getrocknet, das Kondenswasser wird geklärt und die entstandene Trockenschmelzmasse anschließend durch eine Presse gedreht.

Bei der Trocknung bleiben von den 2,2 Millionen Tonnen Rohmaterial rund 800.000 Tonnen übrig. 245.000 Tonnen Tierfett werden in der Schneckenpresse entzogen. 100.000 Tonnen davon gehen als Fette in die chemische Industrie. Die übrigen 145.000 Tonnen werden mit 338.000 Tonnen übriggebliebenem Fleischmehl und 200.000 Tonnen Knochen- und anderen Resten zu Tiermehl verarbeitet. Diese 700.000 Tonnen Tiermehl gehen in die Geflügel- und Schweinezucht. Sie werden nach Angaben Niemanns in Konzentrationen von zwei bis drei Prozent dem Schweine- und Geflügelfutter zugesetzt. Der Einsatz von Tiermehl bei der Fütterung von Rindern ist hingegen wegen des Verdachts der Übertragung von BSE auf diesem Wege verboten.

Die 5.200 britischen und Schweizer Rinder, die wegen BSE-Verdachts getötet werden sollen, sollen ab der kommenden Woche in den regionalen TBA getrennt verarbeitet werden. Ihr Fleischmehl und Fett wird anschließend verbrannt. So hofft man im Bundeslandwirtschaftsministerium, den Erreger loszuzuwerden. ten