Beschneidung gratis

■ Seltsame Flüchtlingshilfe in Afrika

Freetown (IPS/taz) – Im westafrikanischen Sierra Leone ist eine Kontroverse um die in Afrika weitverbreitete Beschneidung von Frauen und Mädchen ausgebrochen. Grund ist eine Massenbeschneidung in einem Flüchtlingslager am östlichen Rand der Hauptstadt Freetown. Rund 700 weibliche Flüchtlinge folgten am 9. Januar dem Aufruf des traditionellen Bondo-Geheimbundes, sich im Clay-Factory-Camp in Kissy kostenlos beschneiden zu lassen.

„Ich habe die Gelegenheit genutzt, um meine drei Töchter beschneiden zu lassen, was mich sonst mehr als 300 US-Dollar gekostet hätte“, meinte Isata Mansaray, eine der Flüchtlingsfrauen. Doch nach Angaben der Medien mußten 100 junge Frauen nach dem Eingriff ins Krankenhaus eingewiesen werden. Viele von ihnen seien böse verstümmelt worden.

Politisch brisant wird der Vorgang durch Berichte der Frauen, sie seien von Bondo-Bund-Mitgliedern im Namen der First Lady von Sierra Leone, Patricia Kabbah, angesprochen worden. Frau Kabbah, so heißt es, habe der Geheimorganisation Nahrungsmittel zur Verfügung gestellt, was sie jedoch bestreitet. Die Frauen des Bondo-Bundes – eine von vielen Geheimgesellschaften in Westafrika, die traditionelle Initiationsrituale pflegen – sollen Präsident Ahmed Kabbah vor seiner Wahl im März 1996 Wahlhilfe geleistet haben. Kabbah gewann die Wahl inmitten eines Bürgerkrieges, der die Hälfte der vier Millionen Einwohner des Landes aus ihren Dörfern an den Rand der Hauptstadt vertrieben hat. Erst im vergangenen November ging der Krieg mit der Unterzeichnung eines Friedensabkommens zu Ende. Unter anderem hatten traditionelle Geheimbünde der Regierung im Kampf gegen Rebellen geholfen.

Die Bondo-Gesellschaft spürt nun Aufwind. Die Zeitung For Di People, die über die Massenbeschneidung berichtet hatte, erhielt nach eigenen Angaben ungebeteten Besuch von mindestens 15 Geheimbundführern, die die Journalisten bedrohten. Nach einem Treffen mit Vertretern der Bondo-Gesellschaft forderte jetzt auch Staatschef Kabbah die Medien auf, den Bund in Ruhe zu lassen und „die Frauen zu respektieren“.