Geschützte Straftäter

■ Mutmaßliche Kriminelle dürfen unbehelligt ihre Sozialhilfe abholen

Berlin (taz) – Wer von der Polizei mit Haftbefehl gesucht wird, kann trotzdem unbehelligt auf dem Sozialamt seine Stütze abholen. Die Chancen, daß Kriminelle vor Ort verhaftet werden, sind gering. Das geht aus einem Streit zwischen der Münchner Kriminalpolizei und den Münchner Sozialämtern hervor.

In einem internen Schreiben der Münchner Sozialbehörde heißt es, die Kriminalpolizei sei wiederholt an die Außenstellen der Sozialämter mit der Bitte um Amtshilfe herangetreten, um gesuchte Straftäter dingfest zu machen. Der Aufenthalt eines Unterstützungsempfängers im Sozialamt stelle aber nach den Bestimmungen des Sozialgesetzbuchs ein „besonders geschütztes Sozialdatum“ dar.

Der bayerische Datenschutzbeauftragte Reinhard Vetter erklärte dazu auf Anfrage, der Streit drehe sich um die Speicherung der Anfragen der Kriminalpolizei im Sozialamt. Bisher werde eine solche Speicherung als unzulässig erachtet. Man prüfe gegenwärtig den Sachverhalt.

Die Sache ist verzwickt: Nach dem bisher geltenden Datenschutz darf ein Sozialamtsmitarbeiter der Polizei nur Auskünfte über den „gegenwärtigen Aufenthaltsort“ eines polizeilich gesuchten Leistungsempfängers geben. Ruft die Kripo beim Sozialamt an und befindet sich der gesuchte Kriminelle just in diesem Moment im Sozialamt, darf das Sozialamt dies mitteilen. Ein unwahrscheinlicher Fall.

Eine Speicherung von Haftbefehlen im Sozialamt wäre jedoch „ein zusätzlicher Datensatz, der für die Aufgabenerfüllung der Sozialämter nicht erforderlich und daher problematisch ist“, sagte Helga Schumacher, Sprecherin beim Bundesbeauftragten für Datenschutz in Bonn. BD