"Spiegel": Nichts Neues von der SS

■ Laut "Spiegel" hatten zwei bei ihm tätige ehemalige SS-Offiziere "keine verantwortlichen Positionen in der Redaktion". Das Impressum belegt: Georg Wolff firmierte als Stellvertreter des Chefredakteurs

Berlin (taz) – Der Spiegel hat mit Presseerklärungen auf die taz- Veröffentlichung reagiert, in der über die Tätigkeit ehemaliger SS- Offiziere bei dem Nachrichtenmagazin in den fünfziger Jahren berichtet wurde (taz vom 27.12.96). Chefredakteur Stefan Aust sagte, die Informationen seien nicht neu. Es handele sich aber, so Aust, „nicht um NS-Größen, sondern eher um kleinere Chargen. Nur einer, Georg Wolff, war über einen längeren Zeitraum fester Mitarbeiter des Spiegel.“

Pressesprecher Heinz P. Lohfeldt erklärte im Deutschlandfunk, die beiden ehemaligen SS- Hauptsturmführer Georg Wolff und Horst Mahnke hätten „keine verantwortlichen Positionen in der Redaktion innegehabt“. Ein Griff in alte Spiegel-Ausgaben beweist das Gegenteil. Wolff firmierte Ende der fünfziger Jahre als Stellvertreter des Chefredakteurs, anschließend führte ihn das Impressum als einen der „Geschäftsführenden Redakteure“ (bis zum 6.1.1970). Mahnke, der im Reichssicherheitshauptamt mit der geheimdienstlichen Vorbereitung des geplanten deutschen Überfalls auf England beschäftigt war, ziert das in der Form häufig wechselnde Spiegel-Impressum nicht etwa nur kurz, sondern von 1952 bis zum 6.1.1960 – erst als Ressortleiter Internationales, dann unter der Rubrik „Redaktion“ als verantwortlicher Redakteur für bestimmte Beiträge und schließlich als Redaktionsvertreter in Bonn.

Aust kündigte an, man werde „diese Vorgänge detailliert in unserem 50-Jahre-Jubiläumsheft im Januar erwähnen“. In den „Wirren der ersten Nachkriegsjahre“ seien „ohne Zweifel auch beim Spiegel Personalentscheidungen getroffen worden, die man heute kritisch sehen sollte“. Allerdings sei keiner der Genannten nach damaligem und heutigem Wissen an Kriegsverbrechen beteiligt gewesen.

Tatsächlich wurde die konkrete Tätigkeit von Wolff (Lageberichterstattung aus Norwegen an das Reichssicherheitshauptamt) und Mahnke nie geklärt. Mahnke operierte, wie der Medienwissenschaftler Lutz Hachmeister in der taz schrieb, mit dem „Vorkommando Moskau“, dem im Nürnberger Einsatzgruppenprozeß unter anderem die Tötung von 38 jüdischen Intellektuellen zur Last gelegt wurde. Auch seine vorherige Tätigkeit beim Sicherheitsdienst der SS als Stabsleiter der antibritischen Gegnerforschung weist aus, daß er nicht nur eine „kleinere Charge“ (Aust) war. Immerhin trägt ein von der taz am 27.12. faksimiliertes Dokument seine Unterschrift: Mahnke gibt darin Anweisungen, wie alle im Falle einer England-Invasion zu verhaftenden Personen in einer Kartei gespeichert werden sollten. Michael Rediske