EU weiter freundlich zu Industrie in Ost und West

■ Karel van Miert will Ostwerften eine Milliarde genehmigen. Kompromiß mit VW

Leipzig/Berlin (AP/taz) – Die EU will nach den Worten ihres Wettbewerbskommissars Karel van Miert die ostdeutsche Wirtschaft weiter fördern, dies aber mit mehr Vorsicht und Kontrolle tun. Die Kommission in Brüssel habe auch künftig Verständnis „für die besondere Lage in den neuen Bundesländern“, sagte van Miert gestern. Doch „es gibt Grenzen“.

Die hatte Sachsen im Sommer überschritten. Regierungschef Kurt Biedenkopf hatte an den Volkswagen-Konzern 90,7 Millionen nicht genehmigter Beihilfen ausgezahlt. Daraufhin entbrannte ein Streit zwischen Biedenkopf, Bundeskanzler Helmut Kohl, Wirtschaftsminister Günter Rexrodt und Karel van Miert. Biedenkopf beharrte auf der Rechtmäßigkeit der Zahlungen, VW drohte mit Werksschließungen an den sächsischen Standorten Chemnitz und Mosel, wenn der Konzern das Geld zurückzahlen müsse. Die Bundesregierung sagte schließlich zu, Steuerrückzahlungen an VW in derselben Höhe einzufrieren, bis der Streit beigelegt wäre. Vor dem Europäischen Gerichtshof haben Sachsen und die EU geklagt.

Van Miert bekräftigte deswegen gestern erneut, daß die Spielregeln sich nicht geändert hätten: Gefördert werden könnten nur strukturschwache Regionen zum Ausgleich von Standortnachteilen. Seit dem Streit um die VW-Subventionen und die zweckentfremdeten Millionen für die Ost-Werften des Bremer Vulkan schauten die anderen EU-Staaten skeptisch auf Ostdeutschland.

Zur Lösung des Streits mit VW unterbreitete van Miert einen Kompromißvorschlag: Danach könnten weitere VW-Investitionen in Sachsen die zusätzlichen öffentlichen Zahlungen rechtfertigen. Ein zweiter Lösungsansatz wäre ein Kapazitätenabbau an anderen VW-Standorten. Diese Vorschläge hatte van Miert schon des öfteren geäußert. Sie wurden von VW-Chef Ferdinand Piäch stets zurückgewiesen. Auch gestern wich der durch die López-Affäre angeschlagene Autokonzern aus. In den vergangenen zwei Jahren hat die EU knapp eine Milliarde Mark an VW gezahlt. Die ostdeutschen Werften sollen nach Meinung van Mierts eine weitere Milliarde Mark Subventionen bekommen dürfen. Im Gegenzug dafür müßten jedoch die Kapazitäten in Bremen abgebaut werden. Bereits Mitte Februar solle ein Vorschlag auf dem Tisch des EU-Ministerrates liegen.