Thomson geht nicht nach Südkorea

■ Französische Regierung muß die Privatisierung des Rüstungs- und Elektronikkonzerns doch noch zurücknehmen

Paris (taz) – Ohrfeige für die Privatisierungsexperten in Paris: Nach wochenlangem Streit muß die französische Regierung den geplanten Verkauf des Staatsunternehmens Thomson mit seinen weltweit 96.000 Mitarbeitern zurücknehmen. Gegen die Übergabe des Rüstungs- und Elektronikunternehmens für einen symbolischen Franc an ein französisches und an ein südkoreanisches Unternehmen hatten zuerst die Belegschaft, fast alle politischen Formationen Frankreichs, dann die Brüsseler Wettbewerbshüter und zum Schluß auch noch die „Privatisierungskommission“ protestiert. Die Wirtschaftsweisen der staatlichen Kontrollkommission, die zu jeder Privatisierung gehört werden müssen, erklärten am Mittwoch überraschend, sie könnten der Präferenz der französischen Regierung nicht folgen.

Die Tatsache, daß der Kaufinteressent der Rüstungselektronik (Thomson SA), der französische Rüstungskonzern Lagerdère, gegenwärtig ein Ermittlungsverfahren wegen Korruption am Hals hat, störte die Privatisierungskommission dabei weniger als die Verhökerung der Unterhaltungselektronik (Thomson Multimedia) an die südkoreanische Gruppe Daewoo. Die hohe Verschuldung der Südkoreaner und die mangelnden Erfolgsgarantien für Thomson Multimedia gaben den Ausschlag. Die Öffentlichkeit hatte verstört darauf reagiert, daß ihr Staat das verschuldete Unternehmen Thomson vor der Privatisierung noch mit elf Milliarden Franc (3,3 Milliarden Mark) „rekapitalisieren“ wollte, wovon 85 Prozent gleich weiter in die Kassen von Daewoo gewandert wären. Ebenso irritierte der Technologietransfer französischer Unterhaltungselektronik nach Südkorea.

Für Ministerpräsident Alain Juppé und Präsident Jacques Chirac, die den Thomson-Verkauf zur Chefsache gemacht hatten, ist die Privatisierung jedoch nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Im nächsten Jahr darf neu geboten werden. Dorothea Hahn