Antifa angeklagt

■ Neue „radikal“-Ermittlungen wegen Werbung für kriminelle Vereinigung

Der Absender ließ bereits Böses ahnen. Vor wenigen Tagen erhielt Christoph Kleine, Herausgeber der „Antifaschistischen Zeitung“ in Lübeck, Post vom Flensburger Landgericht. Dem Kuvert konnte er eine Anklageschrift entnehmen. In ihr wirft die Staatsanwaltschaft Kleine vor, in dem Antifa-Blatt gleich dreifach „für die kriminelle Vereinigung um die Untergrundzeitschrift 'radikal' geworben“ zu haben.

Ein redaktioneller Beitrag über die geplanten Prozesse gegen neun mutmaßliche HerausgeberInnen der verbotenen linksradikalen Zeitschrift hatte die Gemüter der Staatsanwälte ebenso erregt wie ein Hinweis auf eine „Veranstaltungsreihe gegen die Kriminalisierung des linken politischen Widerstandes“. Auch der Spendenaufruf für die von verschiedenen UnterstützerInnengruppen legal vertriebene Zeitschrift „radikale Zeiten“ erfüllt laut Staatsanwaltschaft den Werbungs-Tatbestand nach dem Anti-Terrorismus-Paragraphen 129 des Strafgesetzbuches.

Obwohl erst in den bevorstehenden Verfahren gegen die angeblichen „radikal“-Herausgeber erstmals gerichtlich geklärt werden soll, ob es sich bei diesen um eine „kriminelle Vereinigung“ handelt, stempeln die Flensburger Staatsanwälte die Beschuldigten vorab ganz selbstverständlich zu Rechtsbrechern. In der Anklage heißt es: Der im „radikal“-Hauptverfahren beschuldigte Hamburger Andreas Ehresmann, zugleich Autor des von der Staatsanwaltschaft monierten Antifa-Beitrags, sei „ersichtlich Mitglied der kriminellen Vereinigung 'radikal'“.

Das Soliplenum Schleswig-Holstein sieht darin eine „Vorverurteilung“ von Personen, gegen die noch nicht einmal ein Prozeß begonnen habe. Marco Carini