Das Portrait
: Nigerias Umweltgewissen

■ Claude Ake

Wieder einmal hat Nigeria einen führenden Exponenten demokratischer Ideale verloren. Wie erst jetzt bekannt wurde, ist Claude Ake, geachteter Sozialwissenschaftler, am 7.November bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen.

Ake war ein herausragender Vertreter jener glücklichen Generation afrikanischer Intellektueller, deren Aufstieg mit dem ihrer Länder zusammenfiel. Als Nigeria 1960 unabhängig wurde, war Ake 21jähriger Wirtschaftsstudent in London. Er lehrte in Nordamerika und Ostafrika, bevor er 1977 nach Nigeria zurückkehrte, um die Fakultät für Sozialwissenschaften an der Universität von Port Harcourt mitten im Ölfördergebiet zu leiten. Später gründete er ein „Centre for Advanced Social Science“ und gewann Respekt als führender Kritiker autoritärer Regime in Afrika. Seinen Ruf behielt er auch, als sein Land in den 80er und 90er Jahren in Diktatur und Wirtschaftskollaps versank.

1995 trat Ake, unter anderem auf Drängen des verfolgten Ken Saro-Wiwa, dem „Niger Delta Environmental Survey“ bei (NDES) – einer Umweltkommission der Ölmultis im Niger-Delta. Das NDES sollte die soziale und ökologische Lage im Niger- Delta erforschen und Vorschläge für eine „nachhaltige Entwicklung“ vorlegen. Kritiker der Ölfirmen wie Saro- Wiwa erhofften sich davon unwiderlegbare Fakten, die Ölfirmen erhofften sich eine Imageverbesserung. Kurz nachdem das NDES seine Arbeit aufnahm, starb Ken Saro-Wiwa in Port Harcourt am Galgen. Wenige Tage später, am 15.November, legte Claude Ake sein Amt nieder. In seinem Rücktrittsbrief schrieb er: „Es gibt keinen Grund zu der Annahme, daß die Ölindustrie sich im geringsten um das Schicksal der ölproduzierenden Länder schert“, und empfahl: „Wir brauchen jetzt kein Verzeichnis von Umweltverschmutzern, sondern wir müssen uns selber ins Gesicht sehen, an unsere innersten Kräfte anknüpfen und versuchen, unser schwer zerstörtes soziales und moralisches Gefüge zu heilen.“

Damit war Akes Wirken in Nigeria so gut wie vorbei. Im Herbst 1996 nahm er eine Gastprofessur in den USA an. Am 7.November war der 57jährige einer der 141 Insassen einer Boeing 727, die auf dem Weg von Port Harcourt nach Lagos ins Meer stürzte – fast genau ein Jahr, nachdem Nigerias Militärs seinen Freund Saro-Wiwa hinrichteten. Dominic Johnson