Bunker zu Fledermausnestern

■ "Grüne Konversion": Ehemalige Militärgelände werden wieder zu Waldgebiet. Munitionsdepots werden geschleift, die Natur und Spaziergänger halten dort Einzug. Investitionen im Westen, Stillstand im Osten

Wovon PazifistInnen bisher nur träumten, geschieht jetzt in kleinem Maßstab im Grunewald: Die Natur erobert sich die Flächen des Militärs zurück. Denn die alliierten Truppen haben bei ihrem Abzug aus der ehemals viergeteilten Stadt nicht nur leere Wohngebiete und Berlins ersten McDonald's mit Drive-in hinterlassen, sondern auch hektarweise nun ungenutztes Militärgelände. Das wird nun im Westteil der Stadt wieder an die Natur zurückgegeben und soll künftig den gestreßten Hauptstädtern zur Erholung dienen.

Insgesamt 182 Hektar ehemaliges Waldgebiet im Grunewald und im Tegeler Forst sollen damit nach 30- bis 40jähriger Besetzung durch Soldaten wieder grün werden. Gestern stellte Umweltsenator Peter Strieder (SPD) mit Unterstützung der Berliner Förster und Oberförster das Programm vor. Im hartnäckigen Nieselregen erklärte Strieder gestern auf dem ehemaligen Munitionsdepot „Dachsberg Area“ am Hüttenweg, er freue sich, als eine Folge der Wiedervereinigung dieses besonders schützenswerte Biotop als neuen Erholungsbereich ausweisen zu können.

Noch steht am Dachsberg der große Zaun, noch sagen sich hier Füchse und Karnickel gute Nacht. Die ehemaligen Bunker, in denen die US Army Munition für Gewehre und Panzer und hier und da wohl auch eine „Stinger“-Flugabwehrrakete lagerte, sind teilweise eingeebnet oder haben Eingflugschlitze für Fledermäuse bekommen. Im nächsten Frühjahr soll der Zaun einem Gatter weichen, das nur die Hunde aus dem Bereich heraushält und die heideartige Freifläche von 12 Hektar für Spaziergänger öffnet. Altlasten habe man außer Bauschutt und Plastikabfällen keine im Boden gefunden, betont Andreas Constien, Leiter der benachbarten Revierförsterei Dachsberg. Ein paar Schafe sollen in Zukunft auf den Wiesen grasen, Bäume würden allerdings nicht extra gepflanzt. Die Natur soll sich hier selber helfen.

Das wird sie wohl auch müssen. Denn während Westberlin seinen Forst in halbwegs passablem Zustand umsonst wieder zurückbekommt, weil der Bund die Kosten von rund einer Million für die Renaturierung trägt, sieht es im Osten traurig aus: Für die Wiederbelebung der etwa 90 Hektar Flächen, die die Rote Armee und die NVA in Köpenick und Treptow verwüsteten, muß Berlin selbst aufkommen. Und da im Haushalt sowieso kein Geld da ist, kann es noch lange dauern, bis auf den Geländen wieder Spaziergänger zugelassen werden. Noch schlimmer steht es allerdings um die Gebiete, die Berlin in Brandenburg besitzt und die im kalten Krieg vom Militär gebraucht wurden: Geld für eine Renaturierung ist ebenfalls nicht da, dafür sind die Gelände teilweise hochgradig mit Altlasten wie Öl oder Munition verseucht. „Die Lösung der vielfältigen Probleme“, heißt es vorsichtig aus der Umweltverwaltung, „wird noch einen verhältnismäßig langen Zeitraum erfordern.“ Bernhard Pötter