Flaute in der fairen Teetasse

Falscher Einkauf, schlechtes Marketing und Abkehr von der Basis: Der „gepa“, dem größten deutschen Fair-Handels-Importeur, droht der Konkurs  ■ Von Thomas Ruttig

Diese Woche ist Krisensitzung bei der „gepa“. Mit 53,9 Millionen Mark Umsatz ist die „Gesellschaft zur Förderung der Partnerschaft mit der Dritten Welt“ die größte deutsche Importorganisation im „fairen Handel“. Doch die gepa hat mit rund zwei Prozent Umsatzrückgang pro Jahr und unverkäuflichen Lagerüberbeständen im Wert zwischen vier und 14 Millionen Mark zu kämpfen. Die Krise sei zwar „nicht neu“, bestätigte gepa-Geschäftsführer Meinolf Remmert, aber wenn nicht Entscheidendes passiere, müsse zwischen April und Juni Konkurs angemeldet werden. Deshalb sollen die Gesellschafter über Personaleinsparungen, Kapitalaufstockung und die Gründung eigener Läden diskutieren.

Für den Umsatzrückgang macht die gepa-Zentrale in Schwelm vor allem die Weltläden und deren oft mangelhaftes Marketing verantwortlich. In Ostdeutschland habe man mehr als eine Million Mark investiert, so Remmert. „Aber die Milchkühe im Westen versiegen langsam.“ In Westdeutschland nehmen die Weltläden mehr ein. Vor allem der Solikaffee – das faire Handelsprodukt par excellence – bringt mit bis zu 80 Prozent die größten Gewinnspannen. Im Osten bringt Kaffee nur etwa ein Drittel der Umsätze. Hier fehle, so ist aus Dresden oder Chemnitz zu hören, der „gutverdienende 68er Studienrat“, für den der Kauf von Fair-Kaffee eine politische Entscheidung sei und die er sich auch leisten könne.

Die Halde unverkäuflicher Produkte ist hingegen Resultat einer falschen Einkaufspolitik, wie Remmert zugibt. Die gepa habe ProduzentInnen im Süden die Ware abgekauft, ohne auf Qualität und späteren Verkauf zu achten. Laden-VertreterInnen meinen, die gepa-Aufkäufer hätten sich „zu weit von der Basis entfernt“ und wüßten nicht mehr, was dort gefragt sei.

Bei den finanzstärksten Gesellschaftern der gepa, dem katholischen Hilfswerk Misereor und der evangelischen Arbeitsgemeinschaft Kirchlicher Entwicklungsdienst (AGKED), wiegelt man ab. Beide halten je 2 Millionen Mark des gepa-Stammkapitals von 4,044 Millionen Mark. Hans Georg Nordmann, AGKED-Vertreter in der gepa-Gesellschafterversammlung, bestreitet sogar, daß über einen Konkurs nachgedacht werde. Die bevorstehende Tagung sei „turnusmäßig“. Gepa-Vorstandschef Norbert Dreßen von Misereor gibt sich grundsätzlich: „Die gepa besitzt eine wichtige Funktion im fairen Handel, und es ist die Interessenlage aller Akteure, daß sie auch zukünftig ihre Rolle einnehmen kann.“ Er mahnt aber auch: „Fairer Handel muß sich aus eigener wirtschaftlicher Kraft tragen, wenn er politisch ernst genommen werden soll.“

Das finden auch VertreterInnen der Weltläden. Für die meist Ehrenamtlichen wäre ein gepa-Zusammenbruch eine Katastrophe, betont Claudia Greifenhahn vom Dresdener „Ladencafé anders handeln“, das gerade einen Laden in bester Innenstadtlage eröffnet hat. Sie schätzt, daß etwa die Hälfte der 700 deutschen Eine- und Dritte-Welt-Läden ohne die gepa dichtmachen müßten, da die Schwelmer etwa die Hälfte des alternativen Marktes halten. Vor allem kirchliche Läden würde es treffen, da die oft nur gepa-Produkte vertreiben (siehe Kasten).

Greifenhahn befürchtet aber auch, daß die geplanten Strukturveränderungen bei der gepa in die falsche Richtung laufen. Wenn die Gesellschaft eigene Läden gründe, könnten sie den Alteingesessenen das Wasser abgraben. Sie plädiert deshalb für eine eindeutige Trennung zwischen Import, Vertrieb und Handel sowie eine Rückbesinnung der gepa auf ihre eigentliche Basis. Erst die ehrenamtlich arbeitenden Weltläden hätten es der gepa überhaupt ermöglicht, TransFair-Produkte auch im Katalogversand oder in Supermärkten zu verkaufen.