Pakt mit dem Teufel

Der Fußballprofi-Gewerkschaft VdV fehlen weiter Streikrecht, Solidarität und ein Vorzeigepräsident  ■ Von Christoph Biermann

Dortmund (taz) – „In Italien“, so sagte Andy Egli und blickte einen Moment lang nicht mehr grimmig, „sind Fußballspieler ehrenwerte Berufsleute.“ Womit der Vorsitzende der Schweizer Fußballergewerkschaft (Pro Foot) und ehemalige Profi von Borussia Dortmund eben dies für sein Land nicht in Anspruch nehmen wollte. Und am Ende eines turbulenten Abends in Dortmund wohl auch kaum für die Berufskicker Deutschlands.

Den großen Sprung nach vorne, den eigenen Berufsstand wirklich ernst zu nehmen, verpaßte die Vereinigung der Vertragsspieler (VdV) nämlich am Montagabend gleich in doppelter Hinsicht. Die offensichtlich schlecht vorbereiteten Delegierten konnten sich zunächst bei der Wahl eines Nachfolgers für den bisherigen Vorsitzenden Jürgen Rollmann nur auf eine Übergangslösung einigen. Benno Möhlmann, Gründer und Ehrenmitglied der VdV, übernimmt das Amt kommissarisch.

Der „letzte große Schritt“ (Rollmann), einen Nationalspieler für das Amt zu finden, geriet zum Stolpern. Nachdem Rollmann in den letzten zwei Jahren die desolate und auf eine Einkaufsgemeinschaft für verbilligte Handys abgewirtschaftete VdV wieder funktionsfähig gemacht hat, sollte ein Nationalspieler nun für offene Türen beim DFB und für mehr Akzeptanz in der Öffentlichkeit sorgen.

Nur, es scheint keiner in Sicht zu sein. Jürgen Klinsmann wollte nicht, von Überlastung war die Rede, und die in Dortmund anwesenden Jens Todt und Steffen Freund fühlten sich ebenfalls nicht berufen. Wobei Andy Egli aufgrund schlechter Erfahrungen mit seinen Schweizer Internationalen bei der Fixiertheit auf Nationalspieler sowieso abwinkte: „Als es ernst wurde, haben sich die Nationalspieler als erste desolidarisiert.“

Nachdem die rund 70 anwesenden Spieler die Personaldebatte weit überzogen, ging ihnen bei der Aufnahme des Streikrechts in die Statuten ganz die Luft aus. Dabei warnte Uli Hiemer von der Eishockey-Spielergewerkschaft (VdE) sie davor, ohne die Option auf Streik „zahnlose Papiertiger“ zu bleiben. Ulrich Schaffeld von der DAG wies auf die „vorsintflutliche“ Situation der Profis hin, die keine Taifverträge besitzen und immer wieder um elementare Rechte wie das auf Urlaubsentgelt oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall streiten müssen.

Aus München wurde sogar berichtet, daß 1860-Präsident Wildmoser kürzlich zwei Spielern, die sich darum bemühten, mitgeteilt hatte: „Ihr spielt nächstes Jahr sowieso nicht mehr hier.“ Außerdem ist die Kooperationsvereinbarung, die VdV und DFB miteinander geschlossen haben, nicht eben viel wert. Obwohl eine „Mitsprache“ verabredet war, durfte kein Vertreter der VdV an der Arbeitsgruppe zur Veränderung der Winterpause teilnehmen. Die letzten Sitzungen im Ligaausschuß, dem wichtigsten Gremium im Profifußball, fanden genauso ohne die Spieler statt wie die Überarbeitung des Musterarbeitsvertrages.

Daß Rollmann als letzte Amtshandlung die Delegierten erfolgreich zum Aufschub über die Entscheidung in Sachen Streikrecht drängte, war daher das Mirakel des Abends. Offensichtlich hielt er die Delegierten nicht für entschlossen genug: „Und wenn wir nur Sprechblasen produzieren, wird es peinlich.“ Vielleicht hatte er sogar recht damit. „Es braucht Märtyrer“, meinte Egli. Doch in Zeiten der Besitzstandswahrung scheint dazu kein Fußballer bereit. Der mündige Profi, der solidarische Berufsspieler, ist erst mal weiterhin außer Sicht. Wie Egli mit Blick auf die Gehälter sagte: „Fußballprofis haben den Pakt mit dem Teufel geschlossen.“