Stade liegt im Schlaraffenland

■ Seit zehn Jahren spielen 28 Männer das Mittelalter nach

Sie gehen nicht einfach zu ihren Treffen, sondern „reiten ein“. Sie essen und trinken nicht, sondern „laben“ sich bei der „Atzung“. Ihr Versammlungslokal ist die Burg, wo sie in mittelalterlichen Gewändern seßhaft werden. Schlaraffen haben ihre eigene Sprache, Zeremonie und Kultur. Wenn sie sich zusammenschließen, nennen sie diesen Verein „Reych“. Frauen haben nur zu bestimmten Veranstaltungen Zutritt.

Die Schlaraffia-Reych am Elbgestade mit Sitz in Stade feierte jetzt ihr zehnjähriges Bestehen. 28 Ritter gehören ihr an. Ihr Motto, das überall im Weltbund Schlaraffia gilt, lautet: „Freundschaft, Kunst und Humor“. Der Weltbund Schlaraffia wurde 1859 in Prag von Künstlern, Schauspielern und Schriftstellern gegründet. Sie wählten eine altertümliche Sprechweise und ein prunkvolles Zeremoniell bei ihren Treffen. Die Welt erklärten sie zum „Uhuver-sum“, den Uhu zu ihrem Schutzpatron. Schlaraffen haben einen eigenen Gruß („Lulu“) und eine eigene Zeitrechnung. Sie schreiben jetzt das Jahr 137 Uhui.

Überall wo Deutsch gesprochen wird, gibt es Schlaraffen. Zur Zeit sind es 12 000 in 270 Reychen. Sie treffen sich einmal wöchentlich, in Chicago ebenso wie in Kiel, Berlin oder Stockholm, in Madrid, Kapstadt oder im japanischen Kobe. Gesellschaftliche Ränge, Titelpolitik und Religion sind in der Schlaraffia verpönt. Hier gibt es nur Knappen, Junker und Ritter. Da heißt dann ein Schornsteinfeger „Ritter Kehrwieder der Schwarzkünstler“ oder ein Zahnarzt „Ritter Wurzelschreck, der Verbohrte“.

Jörn Freyenhagen