Letzter Ausweg: „freiwillige“ Ausreise

■ Kurdische Familie verläßt Kirchenasyl in Bayern und kehrt in die Türkei zurück

Berlin (taz) – Nach über anderthalb Jahren im Kirchenasyl ist die kurdische Familie Demirkiran am Sonnabend überraschend von München nach Ankara zurückgeflogen. Nach Angaben des bayerischen Innenministeriums verließen Ahmet und Elif Demirkiran mit ihren drei Kindern Deutschland freiwillig. Bernhard Meier- Hüttel von der Pfarrei Höchstadt dagegen erklärte, der Druck auf die Familie sei so groß geworden, daß sie völlig verzweifelt war.

Der Petitionsausschuß im bayerischen Landtag hatte eine Duldung von einem amtsärztlichen Gutachten abhängig gemacht, das Ahmet Demirkiran eine posttraumatische Belastung durch Haft und Folter in der Türkei bestätigen sollte. Das Gutachten lag seit dem 2. August vor. Es bestätigte sieben frühere ärztliche Atteste. Der Chefarzt der psychiatrischen Klinik, in der sich Demirkiran befand, erfuhr am 12. September aus dem Innenministerium, daß es dennoch keine Duldung geben würde. Unter diesen unsicheren Bedingungen sei eine Behandlung zwecklos, meinten die Therapeuten.

Ebenfalls am 12. September wurde Demirkiran festgenommen und unterschrieb seine Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise für Ende September, wodurch er wieder auf freien Fuß kam. Gleich darauf stellte er erneut einen Eilantrag auf Duldung. Am Freitag vor einer Woche erfuhr er, daß das Verwaltungsgericht Ansbach den Antrag nicht bearbeiten würde. Die Richter wollten erst nach einer neuen Festnahme entscheiden.

Das sei zuviel gewesen, so Meier-Hüttel. Aufgrund seiner psychischen Erkrankung habe Demirkiran geschlossene Räume nicht ertragen und wollte nicht ins Kirchenasyl zurück. Elif Demirkiran beschloß, ihren Mann zu begleiten, obwohl sie und die Kinder eigentlich bleiben wollten. Sie waren noch vor zwei Wochen in eine Pfarrei nach Nürnberg gewechselt, erklärte Walter Steinmaier, Sprecher des bayerischen Kirchenasylnetzes, da sie bereits 19 Monate in der Gemeinde Höchstadt verbracht hatten: „Das ist eine Zeit, die kaum durchzustehen ist.“ Und Meier-Hüttel meint: „Für die Frau war es eine Entscheidung zwischen dem Mann und den Kindern.“ Dazu sei gekommen, daß der Familie trotz der Abschiebebefehle plötzlich eine Ausreise ohne Polizei zugesichert wurde. Sie bekamen auch innerhalb weniger Tage die dazu nötigen Papiere. Karin Gabbert