100.000 gegen Menem

■ Generalstreik in Argentinien gegen die Wirtschaftspolitik der Regierung

Buenos Aires (taz) – 100.000 Menschen kamen am Donnerstag abend zur zentralen Kundgebung der argentinischen Gewerkschaft CGT auf der Plaza de Mayo, die einen eintägigen Generalstreik einleitete. Gestreikt wurde vor allem im öffentlichen Dienst. Die Gerichte blieben geschlossen, ebenso Schulen, Universitäten, viele Industriebetriebe und Banken. Der 36stündige Generalstreik war der bisherige Höhepunkt einer Reihe von Protesten gegen den neoliberalen Wirtschaftskurs der Regierung von Präsident Carlos Menem.

Diesmal war mit dem Gesetzesentwurf zur Flexibilisierung der Arbeit das Maß voll. Nach dem Willen der Regierung sollen künftig Tarifverhandlungen in den einzelnen Betrieben direkt zwischen Arbeitern und Management ausgehandelt werden. Weiter können die ausgezahlten Löhne je nach der Auftragslage des Unternehmens ausfallen und Überstunden abgebummelt werden. Außerdem sollen die ArgentinierInnen bald nicht nur acht, sondern bis zu zwölf Stunden täglich arbeiten dürfen. Zudem können streikende Arbeiter gefeuert werden.

Eine „Revolution der Produktivität“ erhofft sich Menem von der Flexibilisierung. „Sie können einen oder 1.000 Streiks machen, aber unser Wirtschaftsplan wird nicht verändert“, rief er den Gewerkschaften am Vorabend des Streiks entgegen. Notfalls will er das Flexibilisierungsgesetz per Dekret durchsetzen.

Mit der CGT erhebt sich Menems eigene Gewerkschaft. Die Perónisten streikten zuletzt 1975 gegen eine Regierung aus dem eigenen Lager. Doch Menem hat sich längst zum feinen Neoliberalen gewandelt – er benutzt Perón lediglich noch als Symbol. Noch unter Präsident Raúl Alfonsin trat Menem selbst als Redner bei CGT-Demonstrationen auf. Daß sich die immer parteiloyale CGT jetzt gegen ihn auflehnt, zeigt, wie ernst die soziale Lage im Land geworden ist. Ingo Malcher