Rätsel um nordkoreanisches U-Boot

■ Südkoreanische Soldaten töten sieben weitere mutmaßliche Agenten. Pjöngjang schweigt zu dem mysteriösen Vorfall

Seoul (AFP/AP) – Die südkoreanischen Sicherheitskräfte haben gestern ihre Jagd auf die Insassen des gestrandeten nordkoreanischen U-Boots fortgesetzt und dabei sieben weitere mutmaßliche Agenten des Nordens getötet. Das teilte ein Sprecher des südkoreanischen Verteidigungsministeriums in Seoul mit.

Das U-Boot war am Mittwoch vor der südkoreanischen Küste auf Grund gelaufen. Elf Insassen wurden tot in der entmilitarisierten Zone zwischen beiden koreanischen Staaten aufgefunden, angeblich begingen sie Selbstmord.

Der südkoreanische Präsident Kim Young Sam nannte die U-Boot-Affäre eine „militärische Provokation“ und fügte hinzu: „Die Tatsache, daß der Norden trotz der schlimmen Nahrungsmittelknappheit bewaffnete Agenten in den Süden einschleust, zeigt, daß er immer noch an seinem alten Plan einer Wiedervereinigung unter kommunistischer Herrschaft festhält.“

Der Vorfall löste auch eine Debatte über die Verteidigungsfähigkeit Südkoreas aus, da das U-Boot eine Stunde in seichtem Wasser lag, ehe es entdeckt wurde. Ein Beobachtungsposten in unmittelbarer Nähe war nicht besetzt.

Der zunächst einzige Überlebende der jüngsten Aktion, Ri Kwang Su, sagte den Ermittlern, das Boot sei auf einer dreitägigen Erkundungsfahrt in südkoreanischen Gewässern gewesen. Zweimal, am Sonntag und am Mittwoch, sei eine fünfköpfige Truppe von Bord gegangen, um die Gegend an der Küste auszukundschaften. Dann sei das Boot auf Grund gelaufen. Im südkoreanischen Verteidigungsministerium hieß es allerdings, daß Ri seine Aussagen ständig ändere.

Die Nachrichtenagentur Yonhap zitierte militärische Quellen, wonach Spionagemissionen nordkoreanischer U-Boote keine Seltenheit sind. Zahlreiche Kommentatoren äußerten allerdings Zweifel an der offiziellen These, wonach die Besatzung zum Teil Selbstmord beging, um nicht festgenommen zu werden. Diese Behauptung hat Risse bekommen, weil die Militärs bislang nicht erklären konnten, wie derjenige Mann, der zehn seiner Kameraden erschossen haben soll, anschließend sich selbst vom Leben zum Tode beförderte, ohne dabei seine Pistole aus dem Halfter zu nehmen. Seltsam erscheint vielen Beobachtern auch das Verhalten der Überlebenden, die ihre Waffen fortwarfen und sich anschließend in umliegenden Bauernhäusern auf Nahrungsmittel und Zigaretten stürzten.

Nordkorea bewahrte auch gestern völliges Schweigen über den Vorfall. Die Regierung in Pjöngjang weigerte sich, einen förmlichen Protest des UN-Kommandos für Korea zu dem U-Boot-Vorfall entgegenzunehmen. Die UN- Truppe überwacht den Waffenstillstand an der innerkoreanischen Grenze.