Ein Symbol für Bosnien

■ Alija Izetbegović wird der erste Nachkriegspräsident

Alija Izetbegović heißt der alte und neue Präsident Bosniens. Doch am Ende war es ganz knapp. Gerade 40.000 Stimmen lag der Bosniake vor dem Serben Krajišnik, mit dem er jetzt, ebenso wie mit dem Kroaten Zubak, in der gemeinsamen Präsidentschaft sitzen wird.

Es wäre nicht gerade ein gutes Omen für die Zukunft Bosniens gewesen, wenn ein Mann wie Krajišnik an die Spitze des Staates getreten wäre, der sich in Wort und Tat stets für die Teilung des Landes eingesetzt hat. Der gläubige Muslim Izetbegović ist ein überzeugter Nationalist – allerdings im gesamtbosnischen Sinne.

Den Krieg hat er nicht begonnen, die Teilung des Landes in ethnisch formierte Gebiete nie gewollt. Ganz im Gegensatz zu seinen Kollegen in Zagreb und Belgrad, die die Teilung bekanntlich auf einer Serviette skizzierten. Izetbegović weiß, daß ein muslimischer Staat in Zentralbosnien, eingekeilt zwischen Kroatien und Serbien, nicht überlebensfähig wäre. Deshalb ist der institutionelle Erhalt des Staates, wie er in Dayton vereinbart wurde, sein Anliegen.

Zweifellos hat sich auch Izetbegovićs Partei im Wahlkampf durch Chauvinismus und Rigorosität gegen politische Gegner hervorgetan. Aber der Präsident hat – nicht selten zum Verdruß seiner Anhänger – stets zu Mäßigung und Friedfertigkeit aufgerufen.

Die internationale Diplomatie wird aufatmen. Izetbegović kann nicht ohne oder gegen seinen kroatischen und serbischen Kollegen regieren. Aber er wird alles tun, um die Institutionen des Nationalstaats mit Leben zu erfüllen. Und er wird dabei auf die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft zählen können. Izetbegović repräsentiert den Gesamtstaat Bosnien nun auf der internationalen Bühne. Und das ist von hoher symbolischer Bedeutung.

Gewiß wird es in der nur zweijährigen Amtszeit nicht zu einer Aussöhnung im Lande kommen. Aber die Aussichten auf den Bestand Bosnien- Herzegowinas sind jetzt besser als vor den Wahlen. Die Kritik am Wahlprocedere, am Nationalismus der Parteien und an den Manipulationen verliert nichts von ihrer Berechtigung. Aber die Wähler haben entschieden. Das gilt es anzuerkennen. Und vielleicht wird man einmal sagen können, daß sie gar nicht so schlecht entschieden haben. Georg Baltissen