Strom aus Gichtgas

■ Neue Stadtwerke-Anlage erspart 150.000 Tonnen CO2

Wie ein unscheinbares Trafohaus sieht es aus, doch der „statische Umrichter“, den die Stadtwerke gestern auf dem Gelände der Stahlwerke Bremen offiziell eingeweiht haben, hat es in sich. Mit einer weltweit zum ersten Mal eingesetzten Technik wird dort Wechselstrom je nach Bedarf mit einer Frequenz von 16,66 Herz für die Bahn oder 50 Herz für das normale Stromnetz erzeugt. Fünf Jahre haben Entwicklung und Bau der Anlage gedauert, 70 Millionen Mark hat sie gekostet. Eine Investition in den Umweltschutz, denn der Ausstoß von 150.000 Tonnen des Treibhausgases Kohlendioxid kann damit jährlich eingespart werden. Das entspricht dem Entlastungseffekt von 200 großen Windkraftanlagen.

Bereits seit 1964 erzeugen die Stadtwerke auf dem Gelände der Stahlwerke in drei Kraftwerksblöcken 210 Megawatt Strom für den Zugverkehr. Das entspricht einem Zehntel des gesamten Verbrauches der Deutschen Bahn. Betrieben werden die Kraftwerke mit dem Gichtgas, das im Hochofen als Abfallprodukt der Eisenerzeugung anfällt. Gichtgas im Brennwert von rund 3,5 Milliarden KWh im Jahr können die Bremer Stahlwerke liefern, doch ein Siebtel dieser Menge mußte bisher ungenutzt abgefackelt werden. Der Grund: An den Wochenenden hat die Bahn deutlich weniger Strombedarf. Die Bremer Kraftwerke mußten deshalb gedrosselt werden.

Mit dem neuen Umrichter ist dies nun nicht mehr nötig. Der Strom, der bei der Bahn nicht gebraucht wird, kann jederzeit einfach in das normale Netz eingespeist werden. Automatisch wird dabei die Frequenz auf die normalen 50 Herz heraufgesetzt. Die Bahn arbeitet in ganz Deutschland mit einer Stromfrequenz von 16,66 Herz. Dies war bereits 1912 zwischen den Eisenbahnverwaltungen von Preußen, Württemberg-Baden und Bayern vereinbart worden, um den elektrifizierten Bahnverkehr über die damaligen Ländergrenzen hinweg zu ermöglichen.

Die Stadtwerke hoffen nun, ihr gemeinsam mit der Schweizer Firma ABB gesammeltes Know-how verkaufen zu können. „Die Interessenten stehen schon Schlange“, hieß es gestern bei der Einweihung. Ase