„Lohnt sich das?“

■ Wie Stadtwerke mit Aufhebung ihrer Monopolstellung umgehen/ Weserkraftwerk wird Totgeburt

Wenn Stadtwerke-Direktor Gerhard Jochum davon spricht, wie schwer es für sein Unternehmen mit der Aufhebung der Energiemonopole in Deutschland werden wird, dann leuchten ihm die Augen. Neun Jahre lang habe die deutsche Energiewirtschaft gegen den freien Wettbewerb „mit guten Argumenten“ gestritten, sagt er. Aber nachdem die EU-Kommission jetzt trotzdem die Freigabe des Leitungs netzes für alle Stromerzeuger beschlossen hat, stünden die Stadtwerke mitten in einer „revolutionären Umbruchphase“. Den neuen Wettbewerb „holen wir bewußt ins Unternehmen hinein“, sagt Jochum: „Das wird schlimm werden, aber wir packen das.“

Am Anfang der Entwicklung stand vor zwei Jahren eine erschütternde Bilanz, als die Unternehmensberatung HBS zum ersten Mal aus rein betriebswirtschaftlicher Sicht die Stadtwerke unter die Lupe genommen hatte. „Extrem kopflastig“, „Betriebs- und Unterhaltungs kosten höher als bei allen Wettbewerbern im Vergleich“, „Entscheidungsfreude ist gering, Entscheidungsprozesse sind langwierig und quälend“ – so lauteten damals einige Ergebnisse. Eine neue Untersuchung über die bisher erreichten Veränderungen im Unternehmen gibt es noch nicht, aber alle drei Stadtwerke-Vorstände versicherten am Montag abend in einem JournalistInnengespräch, daß die „betriebswirtschaftliche Rationalität“ heute einen „weit größeren Raum“ habe als noch vor zwei Jahren.

„Positiv beeinflußt“ habe diese Entwicklung auch der Verkauf von 49,9 Prozent der Aktien an PreAG, Ruhrgas und Tractebel. Daß im Aufsichtsrat nun nicht mehr nur KommunalpolitikerInnen sitzen, sondern auch Fachleute aus einigen der größten europäischen Energieunternehmen, das habe die Diskussionen stark versachlicht und wirke „stilbildend im ganzen Unternehmen“, so Stadtwerke-Direktor Jochum. War früher zum Beispiel die Versorgungssicherheit oberstes Gebot aller Planungen, würde heute auch schon mal die Frage gestellt: „Lohnt sich das?“. Nur 14 Minuten ist Bremen im Jahresdurchschnitt ohne Strom. Würden wie in anderen Ländern zum Beispiel zwei Stunden akzeptiert, wäre die Einsparung für die Stadtwerke weit höher als der dann womöglich fällige Schadensersatz für die vom Stromausfall geschädigten Unternehmen.

Das Projekt eines neuen Weserkraftwerks steht für den technischen Stadtwerke-Vorstand Uwe-Bernd Vogel dagegen für die alte Unternehmensführung unter dem Zwang der Kommunalpolitik. Längst ist klar, daß der Senat die zehn Millionen Mark im Jahr nicht zahlen will, die ein neues Wasserkraftwerk die Stadtwerke kosten würde. Und trotzdem wird es fertiggeplant, vier Millionen Mark wird das bis zum Ende des Jahres gekostet haben, die Arbeitszeit der dafür freigestellten Stadtwerke-MitarbeiterInnen noch nicht einmal mitgerechnet. Dabei sei längst klar: Selbst rein ökologisch betrachtet, hat ein neues Wasserkraftwerk keinen Sinn. Mit den 100 Millionen Mark, die es kosten würde, könnte durch Verbesserungen der bestehenden Kraftwerke ein weit höherer Nutzen erzielt werden. 50.000 Tonnen CO2-Ausstoß würde das Wasserkraftwerk im Jahr vermeiden, 150.000 Jahrestonnen spare aber z.B. der neue statische Umrichter für den Bahnstrom ein, den die Stadtwerke in dieser Woche in Betrieb gehen lassen. Und der habe nur 70 Millionen Mark gekostet. Ase