Ausländer in Serie, garantiert fernsehtauglich

■ Ob „Marienhof“ oder „Lindenstraße“ es multikultelt. Und dem zappenden Zuschauer fällt auf: Ein Ausländer in einer deutschen Seifenoper darf nie einfach normal sein

Vor allem können sie kochen. Griechisch, wenn sie Griechen sind. Oder italienisch, wenn sie Italiener sind. Und nie essen sie Tütensuppen. Das tut man nicht als guter Grieche oder als guter Italiener. Der Koch bei meinem Stammgriechen ist Inder. Aber dessen Lokal ist ja auch nicht im Fernsehen. Im Fernsehen ist nur das „Akropolis“, wo Elena Sarikakis kocht, die Vorzeigegriechin aus der „Lindenstraße“, die immer „böse Träume“ wegen ihres Gatten hat. Oder das „Kassarotti“, wo jetzt Natale Pavarotti in Vertretung seines komatisierten Bruders „Turpolino-Enrico“ die Käsereibe schwingt, um vor den Augen seiner „Lindenstraße“-Fans italienisches Edel-„Manschare“ anzurichten, bevor mal wieder die Mafia auf der Matte steht. Ach ja, in deutschen Fernsehserien sind die Ausländerklischees noch in Ordnung! Da hat noch jeder Italiener Trouble mit der Mafia und kriegt den abgeschnittenen Finger nach Hause geschickt, wie sich das gehört, oder er macht wenigstens einen auf Casanova und sorgt dafür, daß die arme, aber natürlich leidenschaftliche Polin der Serie noch ein Kind bekommt! Im „Marienhof“ auch: Kaum hat die feurige Italo-Sexbrumme Teresa das dritte Mal „Mama mia!“ in die Brustbehaarung ihres momentanen Liebhabers gejauchzt, da erschießt ihre Dauer-Pasta-kochende Schwester auch schon einen Mafiosi. Danach stürzt sie sich dann selbst aus dem Fenster, weil das die Familienehre so will. Ja, so machen das die Italiener! Und alle als Baby adoptierten Mexikanerbuben wie der Rotzbalg Manoel aus der „Lindenstraße“ hauen natürlich irgendwann von zu Hause ab nach Mexiko und werden Bauer. Und wer im „Marienhof“ Sülo heißen will, der muß dafür auch einen türkischen Vorzeigegemüsestand eröffnen und ihn sich von Rechtsradikalen abfackeln lassen.

Klischees, schöner als im Vierfarbreiseführer. Der Vietnamese Gung Pham Kien (seit zehn Jahren in der „Lindenstraße“ und immer noch das gleiche schlechte Deutsch!) zitiert, wo er geht und steht, den großen Konfuzius. So machen das die Vietnamesen! Die Polin Urzula aus der „Lindenstraße“ zerfließt in jeder vierten Folge vor sehnsüchtiger Erinnerung an „die Heimat“. So machen das die Polen.

Manjou, die Inderin aus „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ steht auf ekelhaftes Essen. So Zeug mögen die Inder. Mary Dankor, die Nigerianerin aus der „Lindenstraße“, ist eine arme Illegale und muß deshalb den ekeligen Olaf Kling mit den bayerischen Wurstfingern und dem Jodeldiplom heiraten, um nicht abgeschoben zu werden. So machen das die Asylanten. Und Paula aus Brasilien war natürlich mal ein Straßenkind und tanzt sich jetzt sambamäßig durch den ganzen „Marienhof“.

Ach, du lieber Gott! Warum können Ausländer in deutschen Serien nicht zur Abwechslung mal ganz normal sein? Frank M. Ziegler