Die Scorpions-Pleite

■ Weit weniger Zuschauer als erhofft beim Bremerhavener Konzert / Das Land Bremen muß zahlen

30.000 zahlende ZuschauerInnen wollte der Chef der Stadthalle Bremerhaven, Hans-Jürgen Krams, mit dem Konzert der Scorpions am 24. August ans Weserufer locken. So stand es in seinem Antrag, dem die Wirtschaftsförderungs-Ausschüsse im April zugestimmt hatten. Mit bis zu 400.000 Mark muß danach das Land Bremen bürgen, wenn der erwartete Erfolg ausbleibt. Der Bremerhavener Magistrat hatte genau das befürchtet und eine Bürgschaft der Stadt für das Scorpions-Konzert abgelehnt. Diese Skepsis war offensichtlich berechtigt: Nicht 30.000 und auch nicht 25.000, wie von der „Nordseezeitung“ berichtet, sondern nur 18.000 Karten sollen verkauft worden sein. 576.000 Mark würden damit bei der Endabrechnung fehlen.

Eine offizielle Zahl gibt es zwar auch zehn Tage nach dem Konzert noch nicht, doch gestern waren erste Informationen über das Desaster an der Unterweser aus eingeweihten Kreisen zu erfahren. Stadthallen-Chef Krams wiegelte gestern noch eine Anfrage ab. „Sie sind für mich kein Gesprächspartner“, ließ er die taz wissen und knallte den Telefonhörer auf die Gabel. Gegenüber der Bremerhavener Nordseezeitung hatte er allerdings bereits den Rückzug von seinen eigenen Versprechungen angetreten. „Und wenn wir die Landesbürgschaft brauchen, ist es gut angelegtes Geld“, ließ er sich zwei Tage nach dem Konzert zitieren und lobte sich ordentlich selber: „Man muß nicht nur eine Idee haben, man muß sie auch durchsetzen können.“

Die Aufsichtsratssitzung der Bremerhavener Stadthalle, auf der eigentlich am Mittwoch eine Bilanz des Großkonzerts gezogen werden sollte, ist auf Ende des Monats verschoben worden. Schließlich wäre die Pleite mit den Scorpions nicht gerade eine Empfehlung für Krams und seine Partner Nordseezeitung und Beck's in den laufenden Verhandlungen um die Privatisierung der Stadthalle. Offenbar soll dieser zwischen SPD und CDU heftig umstrittene Vertrag erst unter Dach und Fach sein, bevor das dicke Minus beim Rockonzert eingestanden werden muß.

Ein halbes Jahr hat der Stadthallen-Chef Zeit, seine Abrechnung beim Wirtschaftssenator in Bremen vorzulegen, um die verbürgten 400.000 Mark zu bekommen. Noch sei nicht mit allen Vorverkaufsstellen in Deutschland abgerechnet, lautet die offizielle Auskunft aus Bremerhaven. Wenn die endgültige Bilanz aber tatsächlich so negativ ausfällt, wie jetzt befürchtet werden muß, „dann ist Bremen auch verpflichtet zu zahlen“, bestätigte Ressortsprecher Frank Schaer gestern – unabhängig davon, wie die Pleite entstanden ist.

Am Wetter kann es diesmal nicht gelegen haben. Mit Regen hatte Krams vor drei Jahren versucht zu erklären, warum statt der von ihm prognostizierten 6.000 nur 4.000 ZuschauerInnen zum Open-Air-Konzert mit Justus Frantz an die Seebäderkaje gekommen waren. Auch damals war eine Bürgschaft über 200.000 Mark von Stadt und Land fällig geworden. Doch der Tag des Scorpions-Konzerts war sonnig wie selten in diesem Sommer.

Neben übertriebenen Erwartungen an die Zuschauerzahlen kommt wohl auch mangelndes Verhandlungsgeschick als Ursache der Scorpions-Pleite in Frage. So sollen zwar im Vorfeld Werbeflächen an Bremerhavener Unternehmen verkauft worden sein, hätten dann jedoch kurzfristig wieder abmontiert werden müssen, weil die Scorpions-Manager keine Zustimmung gegeben hatten. Und auch aus dem geplanten Nebenverdienst durch den Verkauf der Fernsehrechte wurde offenbar nichts. Die Sender hätten dankend abgelehnt, heißt es.

Ase