Suche nach dem verlorenen Witz

■ Auch Kondom des Grauens von Martin Walz ist eine bieder geratene Ralf-König-Verfilmung

Im New York des Zeichners Ralf König und des Filmers Martin Walz ist vor allem der safere Sex gefährlich: nicht ein grauenhaftes Kondom mit spitzen Zähnen hat es auf erigierte Männlichkeiten abgesehen, sondern ganze Horden davon, Unmengen mit furchtbar zielgerichtetem Hunger. Quiekend, kichernd, hin- und her witschend sind die lebendigen Dinger in einer Absteige mit dem sinnigen Namen „Hotel Quickie“ ausgebrochen und erobern von Zimmer 308 aus die Welt und das rechte Ei von Inspektor Luigi Mackeroni (Udo Samel).

Dem liegt die Aufklärung des Falles verständlicherweise besonders am Herzen oder anderswo, also macht er sich rauchend, knurrend – harter Kern mit weicher Schale oder umgedreht – auf die Suche nach der Lösung, ab in die Tiefen des Großstadtdschungels.

Nach dem übergroßen Erfolg des als filmische Umsetzung vergeigten Bewegten Mannes, war klar, daß nun bald mal ein neuer König-Film hermußte. Aus irgendeinem Grund denken alle immer, daß es besonders dankbar (oder auch nur einfach?) sei, die schräg-schrillen Stricheleien des Kölners auf Zelluloid zu pressen. Auch der zweite Versuch zeigt allerdings nur, daß dem nicht so ist. Der ursprünglich eher anarchische Charme der König-Comics verkommt in der Umsetzung zu angestrengt Witzigem, das Schräge, das der Zeichner einfach hatte, ohne es kultivieren zu müssen, gerät zur Übung in Mimikry. Was bei Wortmann schon wegen seiner so spezifisch heterosexuellen Jungmänner-Sicht der Welt nicht funktionieren konnte, gerät bei Martin Walz vollends zur Albernheit bar jeder Leichtigkeit.

Der Anfang ist vielversprechend: Farbfiltergeschönte New York-Bilder, der Moloch als fotogener Hintergrund. Doch schon nach wenigen Bildern entpuppt sich der Film dann als grunddeutsche Produktion. Liegt es am hölzernen Spiel der Pappkameraden, in die der Regisseur seine menschlichen Schauspieler – wohl wegen der Papiervorlagen – verwandelt, oder an den unsäglichen Dialogen? Liegt es daran, daß Königs Comics hier nicht einfach als „Storyboard“ gelesen und gesehen wurden, sondern als das eigentlich Wahre, das man mit Realdarstellern aber nicht imitieren kann, ohne daß das Ganze in die hodenlose Hose geht?

Da kann der junge Regisseur Berliner Darstellerriesen wie Otto Sander, Meret Becker, Sophie Rois nennen, und Filmmimen und sonstige Größen wie Peter Lohmeyer, Iris Berben, Ralf Wolter, Ron Williams und Evelyn Künnecke – und vergeigt die Herrschaften meist in undankbaren Momentaufnahmen ohne Witz. Obwohl einem Udo Samel als Inspektor irgendwann sympathischer wird: die wirklichen Highlights sind nur Evelyn Künnecke in einer kleinen Nebenrolle als hysterische Pathologin, und Iris Berben, dank der die letzte Viertelstunde des Streifens zum furiosen Finale ausartet. Auch der kleine Augenblick mit Hella von Sinnen tut wohl, und natürlich die knusprige Erscheinung und liebenswürdige Spielart von Marc Richter als kleiner Stricher. Die Meisterleistung des Films sind allerdings die quietschenden Kondome. Denn die haben den sonst hier raren schrägen Humor. Thomas Plaichinger

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