Die Bildungsloch-Affäre

Vier Bremer Redaktionen und Privatwohnungen hat die Staatsanwaltschaft am Dienstag durchsuchen lassen. Objekt ihrer Begierde: die vertrauliche „Mitteilung über die Prüfung der Haushaltsüberschreitung 1995 im Rahmen des Modellversuchs ,Schulbauinvestitionen'“ des Landesrechnungshofes.

Tatsächlich hat es das 60seitige Werk, für das der Rechnungshof-Ermittler und frühere Staatsanwalt Lothar Spielhoff verantwortlich zeichnet, mächtig in sich. Nicht nur gegen den damaligen Staatsrat im Bildungsressort und heutigen zweiten Mann im Rathaus, Reinhard Hoffmann (SPD, hier im Foto), werden darin schwere Vorwürfe erhoben. Auch die neue Bildungssenatorin Bringfriede Kahrs und ihr Staatsrat Hans-Henning Zietz (beide SPD) sowie der ehemalige und der amtierende Finanzsenator Manfred Fluß (SPD) und Ulrich Nölle (CDU) kommen nicht ungeschoren davon.

Alle waren sie entweder direkt oder passiv durch mangelhafte Kontrolle an der Überziehung der Haushaltsmittel für Schulbausanierungen im Jahr 1995 um 15,4 Millionen Mark verantwortlich. Die aktivste Rolle hatte der Haushaltsverantwortliche im Bildungsressort, Reinhard Hoffmann. In dieser Funktion habe er „gegen elementare Vorschriften des Haushaltsrechts verstoßen“, heißt es in der Mitteilung des Rechnungshofes. Die zuständigen parlamentarischen Gremien habe er „regelmäßig nicht oder nicht umfassend und oft zu spät“ informiert. Und wenn doch, dann habe er „immer wieder nur die Zahlen präsentiert, die eine Zustimmung erwarten ließen“. Das Fazit des Rechnungshofs: Hoffmanns Verhalten müßte dienstrechtlich überprüft werden.

Besonders empört hatten sich die Rechnungshof-Prüfer darüber, daß die neue Spitze des Bildungsressorts ihnen „nicht alle erbetenen Unterlagen vollständig ausgehändigt“ hatte. In einem Fall sei eine Tabelle „in Abweichung vom Original für den Rechnungshof verändert“ worden. Die zuständigen Sachbearbeiter hätten sich dabei auf „Anweisungen der Behördenleitung berufen“.

Die taz dokumentiert auf dieser Seite die ungekürzte Einleitung und Zusammenfassung des Rechnungshof-Berichts, den die Kripo am Dienstag ohne Erfolg in der taz-Redaktion und der Privatwohnung eines ihrer Redakteure gesucht hatte. Auch die darauf vorhandenen Fingerabdrücke liefern wir mit – sie stammen allesamt von taz-MitarbeiterInnen. Auskunft über die Quelle, aus der der vertrauliche Bericht ursprünglich zu uns gelangte, gibt es dagegen nicht und wird es auch nicht geben. Ase / Foto: Wolff