Bill Clinton läßt die Säbel rasseln

Trotz europäischer Proteste unterzeichnet der US-Präsident Sanktionsgesetze gegen Iran und Libyen. Im Pentagon wird derweil über einen Luftangriff auf den Iran nachgedacht  ■ Aus Washington Andrea Böhm

Kaum war die olympische Fahne in Atlanta eingerollt und das heitere Zusammentreffen der Nationen mit dem vielbejubelten K.o. eines kubanischen Boxers zu Ende gegangen, da sorgte US-Präsident Bill Clinton für neuen Ärger bei den westlichen Verbündeten und für Spekulationen über eine mögliche militärische Konfrontation mit dem Iran: Mit dem mittlerweile üblichen TV-Zeremoniell unterzeichnete Clinton gestern ein Gesetz, das US-Sanktionen gegen ausländische Firmen vorsieht, die in die Ölindustrie Libyens oder des Irans investieren.

An seiner Seite hatte der Präsident Angehörige der 279 Todesopfer jener Pan-Am-Maschine versammelt, die 1988 nach einer Bombenexplosion über dem schottischen Dorf Lockerbie abstürzte. Als Verantwortliche haben US- amerikanische und britische Ermittlungsbehörden zwei libysche Offiziere ausgemacht, deren Auslieferung Libyens Staatschef Muammar al-Gaddafi verweigert.

Mehr noch als Libyen gilt der Iran in den Augen der Clinton-Administration als Logistik- und Ausbildungszentrum für Terroristen. Die Zeitung USA Today hatte am Freitag berichtet, amerikanische Geheimdienste hätten im Iran elf Ausbildungslager für Terroristen ausgemacht. Der britische Sunday Telegraph berichtete am Sonntag gar von Vorbereitungen für einen US-Luftangriff auf iranische Stellungen. Ein rundes Dutzend potentielle Ziele sollen US-Militärs bereits ausgemacht haben: über das gesamte Land verstreute Militär- und Industrieeinrichtungen.

Das Zeremoniell im Weißen Haus vollzog sich inmitten teils wüster Spekulationen über bevorstehende militärische Vergeltungsaktionen gegen den Iran als Drahtzieher der Bombenattentate auf amerikanische Militäreinrichtungen in Saudi-Arabien sowie des Absturzes einer TWA-Verkehrsmaschine vor der Küste von Long Island, bei dem am 17. Juli 230 Menschen ums Leben gekommen waren. US-Verteidigungsminister William Perry hatte am Freitag erklärt, bei dem Zünder und dem Sprengstoff der Autobombe, mit der im Juli 19 US- Soldaten auf einem US-Stützpunkt in Dahran getötet worden waren, handele es sich um Materialien aus Militärbeständen. Dies lasse die Vermutung zu, die Attentäter hätten mit der Unterstützung einer ausländischen Regierung gehandelt. Perry nannte den Iran und den Irak als Hauptverdächtige.

Bereits vor mehreren Wochen hatte der Verteidigungsminister bei einer Kongreßanhörung „Vergeltung“ angedroht, falls eine Regierung hinter den Anschlägen von Saudi-Arabien stehe. Perry erklärte gleichzeitig, daß es keinerlei Anzeichen für einen Zusammenhang zwischen den Anschlägen in Saudi-Arabien und dem Absturz der TWA-Maschine gebe. Bislang haben die Ermittler des FBI und der „Nationalen Behörde für Verkehrssicherheit“ noch keine Absturzursache ausmachen können. Eine Bombenexplosion an Bord gilt nach Aussagen ungenannter FBI-Ermittler gegenüber Journalisten am wahrscheinlichsten.

Irans Außenminister Ali Akbar Welajati wies die Vorwürfe der US-Regierung zurück. Die Beschuldigungen könnten „gefährliche Folgen für den Weltfrieden“ haben. In einem Brief an UN-Generalsekretär Butros Butros Ghali schrieb Welajati, es sei „die Pflicht der Vereinten Nationen, die gefährlichen Folgen dieser unverantwortlichen Äußerungen Washingtons zu verhindern“. Die Beschuldigungen seien „eine Beleidigung der nationalen Souveränität unseres Landes und ein Zeichen von Staatsterrorismus“.

Die französische Regierung warnte die USA gestern vor Gegenmaßnahmen für den Fall, daß durch die von Clinton unterzeichneten Sanktionsgesetze französischen Firmen Schäden entstehen. „Wir arbeiten aktiv mit unseren Partnern in der Europäischen Union zusammen, um eine angemessene Antwort auf die Inkraftsetzung dieses Gesetzes vorzubereiten“, erklärte gestern ein Sprecher des Außenministeriums in Paris.